Oberhausen. Kurzarbeit statt Vollauslastung: Trotz niedriger Zinsen und eines stabilen Arbeitsmarktes haben die Betriebe in Oberhausen und im nördlichen Ruhrgebiet zu kämpfen.

Niedrige Zinsen und damit eine große Nachfrage nach Immobilien, beständiger Zuzug und ein stabiler Arbeitsmarkt lassen die Herzen der Bauwirtschaftsvertreter höher schlagen. Sollte man zumindest meinen. Die Deutsche Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes erwarten für dieses Jahr ein Wachstum von zwei Prozent auf 101 Milliarden Euro. In Oberhausen allerdings will man diese Freude nicht teilen. „Wir leben von der Hand in den Mund“, sagt der Obermeister der Baugewerksinnung in Oberhausen, Ralf Geese.

Gebietsweise mag die Einschätzung der Verbände stimmen, aber im nördlichen Ruhrgebiet und in Oberhausen sei Stimmung eher verhalten, sagt Geese, der mit seiner Firma und rund 80 Angestellten einer der großen Betriebe in Oberhausen ist. Den hiesigen Baubetrieben ginge es nicht gut, es werde zurzeit sogar Kurzarbeit gefahren. „Es ist keine Vollauslastung da“, sagt Geese. „Um Arbeit wird gerungen.“ Nur: Wie kommt das, wo doch die Zinsen so niedrig sind und die Menschen in Immobilien investieren? „Es fehlen die richtigen Impulse“, meint Geese. Die Menschen seien verhalten, halten ihr Geld eher zusammen, statt es auszugeben. Auch Dachdeckerfirmen würden klagen. „Schauen Sie sich mal die Dächer in Oberhausen an, 60 Prozent davon bedürften eigentlich einer Renovierung“, meint der Obermeister. Aber nicht nur die Privatkunden hielten ihr Geld zusammen, vor allem die Industrie sei derzeit vorsichtig mit Investitionen, meint Geese.

"Ich wünsche mir einfach Stetigkeit"

Dennoch will der Innungsobermeister eher Optimist bleiben, denn auch das vergangene Jahr lief zu Beginn zurückhaltend an, im zweiten Halbjahr lief es besser. Riesensprünge aber waren es nicht, so Geese. „Ich wünsche mir einfach Stetigkeit“, sagt er. Dabei ist die Konjunkturaussicht nicht die einzige Sorge, die das Baugewerbe plagt. Die Betriebe müssen zusehen, dass sie Nachwuchs gewinnen, um einen drohenden Fachkräftemangel zu vermeiden. Zu wenige qualifiziere Bewerber gebe es jetzt bereits, meint Geese. „Früher hatte ich 80 bis 100 Bewerbungen“, sagt Ralf Geese. „Heute bin ich froh, wenn es 20 sind.“ In der Regel stellt Geese vier, fünf Lehrlinge ein, im vergangenen Jahr waren es aufgrund der geringen qualifizierten Auswahl nur zwei. Für dieses Jahr ist er aber wieder zuversichtlich, vier Lehrlinge einstellen zu können.

Heizungstechniker haben gut zu tun

Durchgehend gut zu tun haben hingegen Sanitär- und Heizungstechniker, meint der zuständige Obermeister Andreas Seifried. Neue Verordnungen wie die Trinkwasserverordnung oder die Energieeinsparverordnung (Enev) bringen den Firmen Arbeit. Wenngleich solche Verordnungen in der Regel nicht sofort Früchte tragen. Schließlich habe nicht jeder Kunde gleich das nötige Geld zur Hand, meint Seifried. Aber auch Sanierungsstaus merken die Heizungstechniker, viele ersetzen inzwischen ihre Kessel. Seit zwei bis drei Jahren laufe es in der Branche ganz gut, „aber wir erwarten auch in diesem Jahr keinen riesigen Run“, sagt Seifried.