Oberhausen. Lehrerin Juliane Dietze geht nach über 40 Jahren Arbeit am Oberhausener “Bertha“ in den Ruhestand. Die 64-Jährige betreute internationale Klassen.

Juliane Dietze sitzt im Büro ihres Chefs Michael von Tettau, Direktor des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums, und unterzeichnet ein schmuckloses Ministeriumsschreiben. „Dank und Anerkennung“ spricht das Land der angestellten Lehrerin aus, die nach 42 Jahren und einem halben aufhört, an der Schule zu arbeiten.

Auf eigenen Wunsch vorzeitig, um sich in der so gewonnenen Zeit mehr ihrer ehrenamtlichen Arbeit widmen zu können. „Ich bin im Flüchtlingsrat und betreue seit 1990 Flüchtlinge“, sagt die 64-jährige Juliane Dietze.

Vier Jahrzehnte ist sie dem Bertha-von-Suttner-Gymnasium treu geblieben, wo sie 1972 als Sportlehrerin eingestellt wurde (damals händeringend gesucht). Nicht im Beamtenstatus, „weil ich an einer privaten Fachhochschule Sport und Musik studiert hatte“.

Aber es sind nicht diese Fächer, die den weiteren beruflichen Werdegang von Juliane Dietze bestimmten. Gemeinsam mit und unter Leitung von Renate Weckwerth von der einstigen RAA (Regionale Arbeitsstelle zur Förderung ausländischer Kinder und Jugendlicher, heute Kommunales Integrationszentrum, KI) hat sie das „Oberhausener Modell“ fortgeführt und ausgebaut.

Elf verschiedene Sprachen

Dieses Konzept – vielfach kopiert und überregional anerkannt – sieht die Einrichtung von Internationalen Vorbereitungsklassen für die Kinder und Jugendlichen vor, die aus anderen Ländern nach Oberhausen kommen, kaum oder gar nicht Deutsch sprechen und die dort fit gemacht werden sollen für die Regelklassen. An Juliane Dietze, die zur Hälfte im RAA bzw. KI gearbeitet hat, kam bisher keines der Kinder aus dem Ausland vorbei: Sie sprach mit allen und ihren Eltern, checkte Zeugnisse und Fähigkeiten – und teilte die Neuankömmlinge danach den Internationalen Klassen an den verschiedenen Schulformen je nach Jahrgängen zu.

Und sie unterrichtete eben auch selbst in den Internationalen Klassen am „Bertha“ und ist stolz darauf, dass rund 80 Prozent dieser Schüler in all den Jahren ihr Abitur machen konnten. Wer ermessen will, wie anspruchsvoll die Aufgabe für die Pädagogen ist, der vergegenwärtige sich zum Beispiel folgenden Umstand: In der aktuellen IV-Klasse (Jahrgangsstufe acht/neun) am „Bertha“ sitzen 13 Schüler mit elf verschiedenen Sprachen, die hier Deutsch lernen – auch das Fachvokabular der einzelnen Fächer. „Ich kann Theater spielen und gut Englisch sprechen“, meint Juliane Dietze lächelnd zu Verständigungskomplikationen, die auch schon mal durch Körpersprache gelöst werden können. Das kann anstrengend sein, aber wenn die scheidende Lehrerin sagt, dass sie „gerne in die Klassen geht und immer noch Spaß am Unterrichten hat“, dann nimmt man das der zierlichen Frau sofort ab.

Auf die Frage, was sich die 64-Jährige für ihren Ruhestand wünscht, sagt sie: „Dass es für meine Schüler gut weiterläuft.“ Dann schluckt die Lehrerin und ihre Augen werden feucht. Und das sagt eine ganze Menge über ihre Einstellung zu ihrem Beruf und ihr Engagement aus. Und dass der Abschied vom Schuldienst der kulturbegeisterten Oberhausenerin ganz schön schwerfällt. Warum setzt sie sich denn neben ihrem Job auch noch in der Freizeit für Flüchtlinge ein? „Ich habe irgendwann mitbekommen, wie schlecht es ihnen geht, wie überfordert sie in der Situation hier sind und wie groß ihr Heimweh ist.“