Oberhausen. . Die 21-jährige Sina Grunwald hat in Oberhausen mehrfach Preise abgeräumt. Doch einfach nur Malerin will sie nicht sein. Sie arbeitet als Tätowiererin und eröffnet demnächst ein Studio für Mikropigmentierung.

In Sina Grunwalds Kopf muss es herrlich wuselig zugehen. Kunterbunt, märchenhaft, einfach fantastisch. Das lassen die Bilder der talentierten Zeichnerin vermuten. Mit ihren Arbeiten hat die 21-Jährige bereits mehrere Preise gewonnen, zuletzt den für den besten Comic im Wettbewerb der Ludwiggalerie. 2012 hat sie Abitur gemacht. Was kommt jetzt? Will sie Illustratorin werden, Künstlerin gar? Die Antwort ist um einiges spannender, wie wir beim Besuch im Königshardter Haus ihrer Eltern erfahren.

„Ich stehe gerade voll auf Barock“, sagt Sina, als sie die Tür zu ihrem Reich öffnet. Vollgestellt mit weißen, geschwungenen Möbeln ist es, eine Kunstwelt irgendwie, der Fantasie dieser jungen Frau ebenso entsprungen wie ihre Bilder. Die breitet Sina gleich großzügig auf dem Stein-Fußboden aus, den sie trotz Kälte mit nackten Füßen betritt. „Ich bin Barfußläuferin“, sagt sie, „das ganze Jahr.“

Mystische Wesen neben Max und Moritz

Jetzt liegen sie alle neben- und übereinander: Comics, realistische und abstrakte Bilder; Aquarelle, Acryl, Illustrationen mit Fineliner. Unterschiedliche Techniken, die zumeist in zwei Richtungen münden: farbenfrohe Fantasiewelten mit mystischen Wesen, bei denen sich gleich kleine Geschichten entspinnen, oder: mit schwarzem Strich gezeichnete, filigran und zugleich stark wirkende Tableaus, ausufernd und detailverliebt. Dazwischen auch ihr Siegercomic, „Max und Moritz Reloaded“, der kindlich-fröhlich daherkommt.

„Ich denke mir immer alles frei aus“, antwortet Sina auf die Frage nach Zeichenanlässen. Alles in ihrer Umgebung könne sie dabei inspirieren. Wie das Heißluftballon-Spielzeug, das sie einst hatte. Es ist auf einem ihrer Lieblingsbilder gelandet, mit einem Gesicht versehen schwebt es davon, inmitten einer märchenhaften Szenerie. „Mein Traum wäre es“, sagt Sina, „ein Kinderbuch zu illustrieren.“

Kunst auf fremder Haut

Sina kann ziemlich gut zeichnen, kein Zweifel. Für ein Kunststudium hat es jedoch, bisher zumindest, nicht gereicht. An der Essener Folkwang-Hochschule wurde sie abgelehnt, daran hat sie immer noch zu knabbern. Nichtsdestotrotz sprudelt der Künstler-Nachwuchs nur so vor Ideen: Seit vier Jahren schon sticht Sina beispielsweise Tattoos.

„Ich wurde immer wieder darauf angesprochen, ob ich meine Zeichnungen nicht tätowieren könnte“, erzählt Sina. Nachdem sie es bei einer Freundin gemacht habe, sei die Sache eingeschlagen. „Es kamen immer mehr“, sagt sie lachend. Sie fühlt sich geschmeichelt. Und auch wenn es für ein Bild auf Haut viel grafischer und nicht so fein zugehen darf, sei es „eine große Ehre, dass jemand meine Kunst sein Leben lang mit sich tragen möchte“.

Neue Herausforderung

Im neuen Jahr geht Sina mit ihrer Kreativität noch einmal neue Wege: Sie eröffnet ein Studio für Mikropigmentierung. Dort wird sie mit feiner Nadel Augenbrauen und Brustwarzen für Menschen nachbilden, deren Körper sich nach einer Krebserkrankung verändert hat. Sie wird Narben unsichtbar machen und Kopfhaar simulieren. Sina freut sich riesig auf die neue Herausforderung, auf die sie sich mit einer Ausbildung vorbereitet hat. Ihre ersten Versuche stimmen sie zuversichtlich: „Es ist so schön, Menschen glücklich zu machen.“