Oberhausen. Hans-Dieter Maercker erlitt vor vier Jahren einen Hirnschlag, eine Körperhälfte war komplett gelähmt. Heute kann er wieder in seinem alten Betrieb arbeiten – dank spezieller Vorrichtungen. Er repariert Fahrräder und Rasenmäher bei Zweirad Inden.
Vor vier Jahren änderte sich das Leben von Hans-Dieter Maercker von einer Sekunde auf die andere: Der 53-Jährige erlitt einen Hirnschlag, die rechte Körperhälfte war komplett gelähmt, nach einem wochenlangen Krankenhausaufenthalt musste er in der Reha das Laufen wieder lernen. Acht Monate fiel Maercker deshalb im Betrieb Zweirad Inden an der Teutoburger Straße aus, wo er seit 1977 täglich Fahrräder oder Rasenmäher reparierte, wartete und verkaufte. Doch er kämpfte sich ins Leben zurück und mit Unterstützung von Geschäftsführer Udo Inden und dessen Frau Ute fand er nach dem Schicksalsschlag auch wieder zurück in die Arbeitswelt.
Zuversichtlich schaut Maercker wieder in die Zukunft, auch wenn es ihm schwer fällt, von dem Tag zu erzählen, der sein ganzes Leben veränderte: „Ich erinnere mich noch genau, wie es passierte. Ich wollte unsere Wohnung renovieren, auf einmal fühlte ich mich erschöpft und wollte mich hinlegen.“ Doch soweit kam es nicht: „Ich bin zusammengebrochen und kann mich erst wieder an etwas erinnern, als ich im Krankenhaus aufgewacht bin“, erzählt Maercker.
Mit Eisernem Willen
Im ersten Moment habe er gar nicht begreifen können, was mit ihm geschehen ist: „Die Ärzte haben meiner Frau gesagt, dass ich wahrscheinlich nie mehr aus dem Rollstuhl kommen werde.“ Doch der 53-Jährige ist keiner, der aufgibt. Er haderte nicht weiter mit seinem Schicksal, hat es akzeptiert und dank Reha und eisernem Willen geschafft: „Ich hab damals gedacht: Entweder du lässt dich fallen oder du kommst jetzt hoch“, sagt er. Er kam hoch. Und verfolgte seither sein Ziel: wieder laufen zu können. „Nachdem ich im Rollstuhl saß, habe ich sehr viel mit dem Rollator geübt. Besonders schwierig war das Treppensteigen – die Füße zu kombinieren hat anfangs gar nicht funktioniert.“
Der Integrationsfachdienst hilft
Der Integrationsfachdienst (IFD) Oberhausen ist eine Beratungsstelle für Menschen mit einer Behinderung rund um das Thema „Teilhabe am Arbeitsleben“. Dazu werden sowohl arbeitslose behinderte Menschen beraten und unterstützt, um sie in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren als auch behinderte Arbeitnehmer, um den Arbeitsplatz weiterhin zu sichern. Der IFD berät ebenfalls Arbeitgeber, die Menschen mit einem Handicap bereits beschäftigen oder einstellen möchten, über finanzielle Möglichkeiten, technische Ausstattung und eine behindertengerechte Einrichtung von Arbeitsplätzen. Die Beratung erfolgt individuell und wird auf die Behinderung abgestimmt. Dazu bietet der IFD Oberhausen jeden Freitag eine kostenlose offene Sprechstunde an. Weitere Informationen gibt es Internet unter www.ifd-oberhausen.de sowie telefonisch unter 899 596-0.
Auch Ute Inden spricht von einem Kämpfer, der sehr viel Glück hatte: „Als wir vor vier Jahren den Anruf erhielten, waren wir geschockt. Wir haben ihn dann im Krankenhaus besucht und hatten kein gutes Gefühl.“ Auch für sie und ihren Mann blieb die Zeit stehen: Wie soll es mit der Firma weitergehen? Denn Maercker war seit Ausbildungsbeginn 1977 ein sehr zuverlässiger und engagierter Mitarbeiter. „Wir hatten Existenzängste, schließlich arbeiten wir nur zu dritt. Kunden blieben in der Zeit aus, weil wir Aufträge nicht bearbeiten konnten“, erzählt sie. Doch nach acht Monaten Ausfall, ein Lichtblick: „Nach den ersten Fortschritten haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, ob wir das schaffen, ihn wieder in die Firma einzugliedern.“ Und es hat funktioniert: „Anfangs habe ich nur vier Stunden gearbeitet, ich war quasi das Buch, das sagte, was als nächstes zu tun ist, weil mir einfach die Kraft fehlte“, so Maercker.
Schrauben kann er nicht fest drehen
Für den 53-Jährigen war es schwer, die Situation, „plötzlich behindert zu sein“, zu akzeptieren. „Früher habe ich selbstständig gelebt, habe bei Umzügen geholfen und konnte mühelos schwere Sachen heben – heute hat sich das komplett geändert.“ Geistig ist Maercker voll da, doch er fühlt sich schnell erschöpft, musste sich anfangs oft hinlegen, im rechten Unterschenkel hat er kein Gefühl mehr. Vor allem seine nachlassende Kraft in den Händen macht ihm zu schaffen: „Auf der Arbeit kann ich beispielsweise Schrauben nicht fest andrehen – da ist dann die Hilfe vom Chef gefragt.“ Auch Fahrzeuge kann Maercker nicht mehr alleine anheben. Um ihm die Arbeit zu erleichtern, wurde vor einem Jahr eine technische Hilfe in dem Betrieb eingerichtet: „Der hydraulische Montageständer hilft mir, wieder selbstständiger zu arbeiten. Dort kann ich das Fahrrad einhängen und auf die passende Höhe fahren“, erzählt Maercker. Auch Inden bestätigt: „Das Geschäft mit Elektrorädern wird immer mehr, die wiegen aber fast 30 Kilo – einfach klasse, dass wir dieses Hilfsmittel bekommen haben.“ Unterstützt hat sie dabei Vera Häckert vom Integrationsfachdienst (IFD) Oberhausen/Mülheim, die geistig und körperlich behinderte Menschen begleitet: „In solchen Fällen schickt das Integrationsamt des LVR einen technischen Berater raus, der sich die Situation vor Ort anguckt. Doch Herr Inden wusste schon, welches Gerät es sein soll und hat uns nur noch einen Kostenvoranschlag zugeschickt.“
Kontakt durch eine Bekannte
Auch bei den Zuschüssen zu den Lohnkosten berät der IFD, Häckert: „Der Arbeitgeber wird auch hier vom LVR-Integrationsamt finanziell unterstützt. Wir haben bereits für Herrn Maercker einen Wiederholungsantrag gestellt, der auch für die nächsten zwei Jahre bewilligt wurde.“ Solche Unterstützungsmöglichkeiten waren Inden bislang nicht bekannt, der Kontakt mit dem IFD ist nämlich erst vor eineinhalb Jahren entstanden: „Eine Bekannte hat uns davon erzählt. Fast drei Jahre haben wir uns deshalb so ausgeholfen und sind jetzt umso glücklicher, dass wir unterstützt werden.“