Mülheim. . Aber für eine dauerhafte Instandsetzung der vom Orkan „Ela“ zerstörten Parkanlagen fehlt das Geld. Windanfällige Silberlinden stehen nicht mehr auf der Bestellliste des Grünflächenamtes.
So traurig und erhellend – wegen der jetzt fehlenden Straßenbäume – die Orkanbilanz von Sylvia Waage auch ausfällt. In einigen anderen Fällen hat die Grünflächenamtsleiterin den Daumen auch im grünen Bereich. So am Schloßberg und an der Cheruskerstraße in Broich. Dort mussten Grünpfleger ihre Kettensägen im April ansetzen, weil die Bäume krank und nicht mehr standsicher waren. „Am Schloßberg werden wir bald neue Bäume pflanzen“, kündigte sie den Ortspolitikern in der Bezirksvertretung 3 an.
Inzwischen seien die Prüfungen abgeschlossen. Einige Bäume müssten gegenüber den alten Standorten aber leicht versetzt werden. „Es ist nicht leicht, ein Straßenbaum zu sein. Entweder sind Leitungen im Weg, über denen sie nicht mehr wachsen dürfen oder Autoreifen beschädigen die Wurzeln“, erklärte Sylvia Waage sehr anschaulich die Schwierigkeiten, heute Bäume in Straßen zu platzieren.
Bezirk 1 am stärksten vom Orkan betroffen
Die größten Verluste nach „Ela“ haben städtische Grünmanager im Bezirk 1 ermittelt. Dort hat der Orkan 542 Bäume entwurzelt oder abgedreht. 73 Bäume sind im Bezirk 2 weggebrochen, 188 sind im Bezirk 3 zersplittert.
Vor allem Silberlinden mit ihren dichten Laubkronen haben die Sturmböen nicht überlebt. Darin findet der Wind eine 16 Mal bessere Angriffsfläche zum Abknicken als bei anderen Bäumen.
Platanen mit ihren Dreizackblättern sind am zweithäufigsten Orkanopfer geworden. Die Verwüstung am Pfingstmontag dauerte nur eine halbe Stunde.
„Aber wir werden keine Silberlinden und artverwandte Bäume mehr setzen. Aus den Schadensmengen nach dem Orkan mussten wir diese Konsequenzen ziehen“, betont die städtische Grünflächenmanagerin. In Zukunft könne es nur noch Gehölze geben, die weniger sturman- und -umfällig seien. Geld für Baumnachwuchs auf dem Schloßberg und an der Cheruskerstraße kann sie innerhalb ihres Amtes umschichten. „Wegen des Sturms und seiner Folgen konnten wir nicht so viele Arbeiten auf den Friedhöfen erledigen. Da bleibt noch Geld übrig, welches wir für die Bäume nehmen können“, lautet die gute Nachricht Sylvia Waages.
Anders sieht das auf der Heimaterde aus, wo „Ela“ fast flächendeckend Sturmbruch geleistet hat. Der Finkenkamp beispielsweise müsse komplett erneuert werden, ebenso die Parkanlagen am Ratstubenweg und Priesters Hof.
Geld zur Instandsetzung ist dafür zurzeit sowie nicht in der Stadtkasse. Außerdem ringen die Grünpfleger damit, was sie tun sollen: eine nötige Sicherheitssanierung oder die für die Zukunft stabile Komplett-Instandsetzung. Das würde etwa 350 000 Euro mehr für alle städtischen Anlagen kosten. Nur das Nötigste zu tun, habe zur Folge, immer wieder reparieren zu müssen, was dauerhaft teurer sei.
In diesen Fällen seien nun die Politiker bei den Haushaltsberatungen gefordert. „Mit dem Grünetat können wir das nicht stemmen“, stellt Sylvia Waage klar.
Aufforstung an Straßen dauert elf Jahre
802 Straßenbäume hat der Orkan Ela am Pfingstmontag im Stadtgebiet umgelegt oder so stark beschädigt, dass sie ebenfalls fallen mussten. Diese Bilanz zieht Sylvia Waage, Leiterin des Grünflächen- und Friedhofsamtes, derzeit in den politischen Gremien. Noch trauriger ist allerdings die Tatsache, dass sie für den Ersatz aller Bäume kaum Geld hat. Rund 842 000 Euro wären dafür notwendig. 77 000 Euro stehen den Grünpflegern pro Jahr zu Verfügung. Ihr Fazit: „Also brauchen wir elf Jahre, bis wir das aufgearbeitet haben und zum Beispiel auch noch das Rasenmähen ganz weglassen würden.“
Damit holt Sylvia Waage alle diejenigen zurück auf den Boden, die gedacht hatten, innerhalb der nächsten zwei Jahre seien alle zerstörten Bäume an Straßen und in Parks komplett ersetzt. Wie in den letzten Monaten fast überall regelmäßig die Kettensägen ratterten, so wiederholt die oberste städtische Grünpflegerin nach jeder Schadenserklärung: „Wir können das vorerst nichts erneuern, weil wir kein Geld haben.“
Positiv ist: Alle städtischen Grünanlagen sind wieder begehbar. Im Amtsdeutsch: „Die Verkehrssicherheit ist hergestellt.“ Für die Wälder gilt das aber nicht. Dort gilt noch: betreten verboten. In den nächsten Wochen machen die Inspektoren ihren zweiten Kontrollgang. „Wenn die Bäume jetzt das Laub abwerfen, sehen wir auch die versteckten Schäden“, erklärt Waage. Das könne bedeuten, dass noch weitere beschädigte Stämme fallen müssten. Das würde auch die Zahl der Schadensfälle erhöhen.
Sylvia Waage hofft, dass die Stadt weiteres Geld vom Land und aus Spendentöpfen erhält. Welche Summen das sein werden, steht allerdings in den Sternen.
Verwaltung ist gesprächsbereit
Die im Juni gegründete Initiative „Neue Bäume für Mülheim an der Ruhr“ und die Stadtverwaltung nähern sich durchaus an. Dies war das Ergebnis des ersten runden Tischs, dem am Donnerstagabend 15 Personen beiwohnten.
Ziel der Initiative ist es, möglichst viele der durch den Pfingststurm „Ela“ umgefallenen Bäume zu ersetzen. Es wurden bereits verschiedene Aktionen gestartet, um Spendengelder zu sammeln. Außerdem können Spender für 250 Euro einen zu pflanzenden Baum kaufen. Die Stadt stellt hierfür eine Liste mit Bäumen zur Verfügung. „Ich finde dieses Engagement toll“, sagte Cornelia Schwabe aus dem Referat 6, Umwelt, Planen und Bauen.
Schwabe verteidigte aber gleichzeitig den Wiederaufforstungsplan der Stadt. In vielen Parkanlagen wie dem Witthausbusch könnten in nächster Zeit gar keine neuen Bäume gepflanzt werden. „Bei Straßenbäumen ist die Not viel größer“, so Schwabe. Die Referentin möchte sich vor allem für eine verbesserte Informationspolitik in Sachen Baumspenden einsetzen. Auch das Thema „Baumpatenschaften“ soll in der Verwaltung diskutiert werden.
„Die Verwaltung mit ins Boot zu nehmen, ist der richtige Weg. Die Politik kommt erst bei Beschlüssen zum Zug“, sagte Dr. Roland Chrobock, umweltpolitischer Sprecher der CDU. Edgar Simon von den Grünen wird die Ideen in die Bezirksvertretung weitertragen. (mad)