Mülheim. Der leitende Notarzt in Mülheim bestätigt eine bundesweite Umfrage des Roten Kreuzes. Rund 20 bis 30 Prozent aller Einsätze in Mülheim seien ein Fall für den Notarzt. Oft haben es die Helfer mit Bagatellen zu tun.

Jeder dritte Einsatz über die „112“ ist kein lebensbedrohlicher Notfall, das ergab kürzlich eine bundesweite Umfrage bei den DRK-Rettungsdiensten. Vor Ort finden die Retter häufig eine Bagatellverletzung oder -erkrankung vor, die eher ein Fall für den hausärztlichen Notdienst ist. Eine Tendenz, die Thomas Franke, der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes bei der Mülheimer Feuerwehr, bestätigen kann.

Nur rund 20 bis 30 Prozent aller Einsätze in Mülheim sind ein Fall für den Notarzt, so schätzt er: „70 bis 80 Prozent der Fälle sind zumindest grenzwertig, wenn nicht eine Bagatelle.“ Man hätte sich auch von Bekannten oder einem Taxi zur Untersuchung ins Krankenhaus fahren lassen können.

Das ist nun aber keinesfalls als Vorwurf zu verstehen. Notarzt Franke weiß, dass sich die Menschen wirklich krank fühlen. „Ich erlebe, dass die Menschen unselbstständiger werden. Sie gehen häufig nicht mehr mit gesundem Menschenverstand an ihren Körper ran.“ Der Notarzt beobachtet seit Jahren steigende Einsatzzahlen. Symptome zu „googeln“ könne zudem die Unsicherheit verstärken. So könne ein ungewohnter Brustschmerz zwar auf einen Infarkt hindeuten, aber es könnte eben auch ein Muskelkater sein, „weil man nach langer Zeit mal wieder im Garten gegraben hat“.

Im Zweifel den Notruf wählen

Es gibt, das will Thomas Franke nicht verschweigen, einen kleinen Prozentsatz von Leuten, die genau wüssten, wie man schneller an die medizinischen Leistungen im Gesundheitssystem komme – „doch das ist nicht die Masse“, betont er.

Im Zweifel sollte man jedoch immer den Notruf wählen, auf Nummer sicher gehen. „Lieber einmal zu viel als einmal zuwenig“, betont auch Feuerwehrchef Burkhard Klein. Rund 50.000 Notrufe landen jährlich in der Leitstelle der Mülheimer Feuerwehr, zählt man die Anrufe über die Krankentransport-Nummer dazu, die ja auch in der Feuerwehr-Leistelle landen, sind es sogar 85.000 Anrufe, zählt der Feuerwehrchef auf. Daraus resultierten 20.000 Einsätze pro Jahr.

Sechs Einsatzkräfte nehmen im 24-Stunden-Dienst die Anrufe entgegen. Der Anrufer sollte wissen, dass er sich, egal ob Feuer, Unfall, medizinischer Notfall oder auch, wenn die Gefahr eines Suizides besteht, auf „W-Fragen“ einstellen muss: Was ist passiert und wo? Wie viele Verletzte, welche Art von Verletzungen – und dann warten und nicht in Panik einfach auflegen. Mögliche Rückfragen abwarten, damit die Männer und Frauen in der Leitstelle gezielt und schnell die richtige Hilfe schicken können.

Die bewusste missbräuchliche Nutzung des Notrufs – was strafrechtlich verfolgt wird – kommt in Mülheim nur selten vor. Klein spricht von zwei Fällen in 2013.