Mülheim. . Sechs Jugendliche aus Deutschland, Kroatien, Russland und Georgien unterstützen in einem ehrenamtlichen Baucamp zwei Wochen lang die Sanierungsarbeiten an der Alten Dreherei. Ganz nebenbei lernen sie von den Handwerkern vor Ort, worauf es bei der Restaurierung von historischen Gebäuden ankommt.

Das Metallgitter mit den eingearbeiteten Kreisen ist Horst Wolfframms „ganzer Stolz“. Fünf Stück sollen es insgesamt werden, Nummer eins sieht schon mal recht imposant aus. Auch die kroatische Studentin Iva kann stolz sein auf das Fenstergitter – sie hat die eingearbeiteten Metallkreise aus einem Rohr zugesägt. „An die Schweißarbeiten hat sie sich dann aber doch nicht getraut“, sagt Metallbaumeister Horst Wolfframm. Muss sie auch nicht.

Denn im „Baucamp“, das seit dem 10. August in der Alten Dreherei stattfindet, sollen die sechs Jugendlichen aus Deutschland, Kroatien, Georgien und Russland vor allem sehen, wie historische Bausubstanz, „Industriekultur“, für moderne Zeiten fit gemacht wird. Eingesetzt werden die ehrenamtlichen Helfer „ihren Fähigkeiten entsprechend“ – so ist es auf der Internetseite des Internationalen Bauordens (IBO) zu lesen, der die Camps in ganz Europa bewirbt und mit Geldern unterstützt.

Handwerker geben ihr Wissen weiter

Über eine Broschüre des IBO ist auch Melanie Breuer aus Frankfurt nach Mülheim gekommen. Die 22-Jährige studiert Architektur und engagiert sich in der Fachschaft ihrer Universität. Das Mülheimer Projekt hat sie sich gezielt aus der Liste des IBO ausgesucht – die über 100 Jahre alte hölzerne Dachkonstruktion, die sie gemeinsam mit den anderen Jugendlichen in den vergangenen Tagen gepflegt hat, findet sie besonders beeindruckend. Wenn alles glatt läuft, möchte Melanie später in der Denkmalpflege arbeiten.

Ihre Mitstreiter haben teilweise einen ähnlichen Hintergrund, teilweise stehen sie kurz vor einem Studium. In die Arbeiten werden sie von den Profis vor Ort eingewiesen. Viele Handwerker engagieren sich ehrenamtlich bei der Sanierung des historischen Gebäudes und geben ihr Wissen an die Jugendlichen weiter. So kitten sie Glasplatten in die großen Hallenfenster ein, grundieren und streichen Metallstreben oder reparieren Risse in der Betondecke.

Erlebnis für die Fotowand

Neben Theorie und Praxis des Baucamp-Alltags organisiert der Werkbund auch Vorträge, wie von Professor Heinz Behrend, der den Jugendlichen mit deutschen und englischen Worten, Zeichnungen und ausladender Gestik erklärt, wie sich Holztragewerke entwickelt haben. Er ermutigt sie außerdem, einen Teil der Konstruktion der Alten Dreherei zu zeichnen, „um Respekt zu lernen“, und empfiehlt für die Zukunft einen Ausflug in den Kölner Dom: „Heute ist niemand mehr in der Lage, so etwas zu machen – da wird man als Architekt so klein!“

Gezeichnet hat Melanie Breuer längst, und auch fotografiert – „nicht nur zu Studienzwecken“, wie sie sagt. Denn bei allem, was sie hier lernt, soll sich das Baucamp auch einfach als schönes Erlebnis mit anderen jungen Leuten zu Hause auf ihrer Fotowand wiederfinden.