Mülheim. Warum die Bahnhofstoilette fast fertig ist, aber dennoch vorläufig nicht eröffnet wird und warum es sein könnte, dass die Anlage sowohl die Stadtkasse als auch die Nutzer noch einiges an Geld kostet
Vor 20 Jahren wurde die Idee geboren, vor vier Jahren nahm sie mitsamt Terminplanung Gestalt an, seit Monaten lässt die Deutsche Bahn am Durchgang zum Forum arbeiten und trotzdem: Die Hoffnung, dass die Bahnhofstoilette in wenigen Tagen eröffnet, täuscht.
Diese ernüchternde Auskunft gibt die Pressestelle der Deutschen Bahn jetzt auf Nachfrage. Eigentlich hatte sie die Freigabe nach vielen Schwierigkeiten und Ankündigungen und neuen Schwierigkeiten und neuen Ankündigungen bereits für das zweite Quartal, bis „spätestens“ Juni avisiert. Nun heißt es, der Umbau sei zwar nahezu abgeschlossen; in einigen Tagen könne sogar die Bauabnahme erfolgen. Dann aber, so die verblüffende Auskunft, müssten noch „umfangreiche Arbeiten“ durch den Betreiber vorgenommen werden, der die Zugangstechnik installiert.
Verwirrspiel um Verträge
Und der ersten Überraschung folgt gleich die zweite: Als Betreiber der Anlage sei nicht, wie mehrfach berichtet, die gemeinnützige Paritätische Initiative für Arbeit vorgesehen, sondern die Firma Heringbau, die in der Stadt nicht unbekannt ist: Von ihr stammt sowohl das „Ufo“ genannte Automatenklo auf der Leineweberstraße als auch die Toilette auf der Schleuseninsel. Mit Heringbau kooperiert aber auch die Bahn. Das Unternehmen hat vor Jahren das Konzept Rail & Fresh entwickelt. Laut Eigenwerbung hat das Unternehmen inzwischen über 6000 öffentliche Toiletten gebaut und betreibt über 750 weitere.
Es folgt die dritte Überraschung: Dass Heringbau bereits eine Zusage habe, stimmt nicht, wie Stadtsprecher Volker Wiebels erklärt. Denn für den Betrieb ist nicht die Bahn zuständig, sondern die Stadt, während der Bahn nur der Bau der Toilette oblag, für die erstaunliche Summe von 600.000 Euro.
Darauf hatte sich vor vier Jahren Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld mit dem Bahnvorstand geeinigt; sonst, so hieß es damals, wäre gar nichts passiert. Vertraglich geregelt ist diese Partnerschaft aber noch immer nicht, da es über die Rechte und Pflichten der Vertragspartner unterschiedliche Auffassungen gegeben haben soll. „Es sind schon etliche Vertragsentwürfe ausgetauscht worden“, sagt Jürgen Zentgraf, Leiter des Umweltamtes. Ob nun, nach der Sommerpause, noch die Politik beteiligt wird, prüft er gerade. „Informiert, sicherlich. Aber wir vollziehen letztlich Beschlüsse“, so Zentgraf. Auch das aber kann zu Zeitverzug führen.
Noch ein Konjunktiv, der nun keinen mehr überrascht: Es könnte auch mit Kosten verbunden sein. Kosten, die dem Stadtrat so nicht geläufig sein dürften. Denn die Zugangstür, für die wohl mit einem mittleren fünfstelligen Betrag zu rechnen ist, muss der Betreiber finanzieren, also direkt oder indirekt die Stadt. Hier liegt auch der Grund dafür, dass die Paritätische Initiative für Arbeit raus ist. Da sich die Stadt für die automatisierte Lösung entschieden hat und Pia über keine Investitionsmittel verfügt, war die Organisation der Beschäftigungsförderung aus dem Rennen, wie Pia-Geschäftsführer Frank Schellberg erklärt. „Wir hätten eine Personallösung betrieben, so ähnlich wie wir es am Viktoriaplatz gemacht haben, nur dass wir es am Bahnhof für die Kunden nicht umsonst gemacht hätten.“ 30 Cent hatte Pia pro Nutzung veranschlagt, was bei 650 Kunden pro Tag kostendeckend gewesen wäre. Dass der Auftrag nun wohl verloren ist, sehe man aber leidenschaftslos, so Schellberg.
Wie teuer wird die Nutzung?
Da es sich bei Heringbau um ein kommerzielles Unternehmen handelt, ist unschwer zu erahnen, dass der Eintritt höher ausfallen wird als die 30 Cent bei Pia. Man kennt es von Autobahn-Rastplätzen: Dort kostet es 1 Euro und man erhält einen Bon über 50 Cent, den man am Kiosk einlösen kann.
Übrigens, im Forum ist eine kostenfreie Toilette. Nur für den Notfall.