Mülheim. Wie viel Monheim steckt in Mülheim? Pragmatisch und ohne Ideologie gewann Monheims Bürgermeister das Vertrauen fast aller Bürger: Ein Beispiel für Mülheim? Was hält der junge SPD-Ratsherr Rodion Bakum (23) davon?
Zugegeben, Mülheim an der Ruhr (168.000 Einwohner) ist nicht im Maßstab 1:1 mit dem 42.000 Einwohner zählenden Monheim am Rhein zu vergleichen. Dennoch wirft der Vergleich der Wahlergebnisse in den beiden Städten (s. unten) die Frage auf: Wie viel Monheim steckt in Mülheim?
Wie ist es einem jungen Bürgermeister und seiner erst 1998 gegründeten Partei Peto gelungen, in einer Stadt die einst von SPD und CDU abwechselnd mit absoluten Mehrheiten regiert wurde, zwei Drittel der Ratsmandate zu gewinnen und bei der Bürgermeisterwahl ein Ergebnis zu erreichen, das man sonst nur von den staatlich gelenkten Kommunalwahlergebnissen in der DDR kannte?
Konkrete Ergebnisse
Monheims gerade atemberaubend wiedergewählter Bürgermeister Daniel Zimmermann möchte seiner Mülheimer OB-Kollegin Dagmar Mühlenfeld, die 2009 mit 43,1 Prozent der Stimmen wiedergewählt wurde und im Bürgerbarometer der NRZ zuletzt eine Zustimmung von 38 Prozent bekam, keine Ratschläge geben. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass seine Partei Peto (lateinisch: Ich fordere) und er auch deshalb so eindrucksvoll wiedergewählt worden sind, weil sie nicht nur gefordert, sondern auch die Wünsche der Bürger erfüllt haben „Die Wähler wählen aber nicht in der Rückschau. Sie wählen die, denen sie zutrauen, die Probleme der nächsten Jahre zu lösen.“
Zumindest bei größeren Projekten, wie Umbauten in der Innenstadt, der Entwicklung eines Inklusionskonzeptes oder der Erneuerung eines Stadtviertels setzen Zimmermann und Peto auf frühzeitige Bürgerworkshops und Zukunftswerkstätten. „Wir sind sehr fleißig und sehr präsent, immer nah dran am Bürger und immer in Gespräch mit ihnen, weil wir von den Expertendiskussionen weggekommen sind, die bei den Bürgern nicht ankommen“, beschreibt Zimmermann seinen Politikansatz.
Ideologiefreier Politikstil
War es schwer für ihn, seinen pragmatischen und ideologiefreien Politikstil gegen alte Parteiseilschaften in Rat und Verwaltung durchzusetzen?
„Eigentlich hat es uns geholfen, dass wir zwischen allen politischen Lagern standen und ideologisch nicht festzulegen waren“, erinnert sich Zimmermann. Auch von Lobbyisten, die bei ihm auf der Matte standen, um ihre Anliegen durchzudrücken kann er „nichts Spannendes berichten.“ Dass Peto und er mit ihrer pragmatischen Politik „auf gar nicht so großen Widerstand“ stießen, hat aus seiner Sicht vor allem damit zu tun, „dass wir im Rat nicht einfach alles wegstimmen, weil wir die Mehrheit haben, sondern auch unterschiedliche Positionen zusammenführen, abgleichen und aufgreifen.“
Das Parteibuch ist Privatsache
Natürlich gibt es in Monheim genauso wie in Mülheim Amtsleiter mit Parteibuch und politischen Verbindungen. „Ich habe einfach über alle Verwaltungshierarchien hinweg, Mitarbeiter eingeladen, sich frühzeitig in Planungen einzubringen und deutlich gemacht, dass wir nur an der Sache orientiert diskutieren. Und ich habe über alle Parteigrenzen hinweg festgestellt, dass die Mitarbeiter froh sind, wenn sie sich auf einer solch sachbezogenen Ebene einbringen können.“ Deshalb spürt der Bürgermeister heute auch parteiübergreifend „gewachsene Loyalitäten“, weil alle Rathaus-Mitarbeiter wissen, „dass mir ihre Parteizugehörigkeit gleichgültig ist, solange die Leistung stimmt.“
Mit 23 ist der frisch gewählte SPD-Ratsherr Rodion Bakum der jüngste Stadtverordnete im Mülheimer Rat, während er in der Monheimer Peto-Fraktion nur knapp unter dem Altersdurchschnitt von 25 Jahren läge. Das Erfolgsgeheimnis der Monheimer Peto-Politik sieht der Medizinstudent darin, „dass sie ideologisch nicht festgelegt, sondern pragmatisch ist.“ Der junge Ratsherr, der gerade mit Anwohnern der Charlottenstraße über das Problem eines verdreckten Spielplatzes gesprochen hat, weiß, „dass die Leute nichts davon halten, wenn wir uns im Rathaus die Köpfe heiß reden, sondern erwarten, dass wir die Probleme vor ihrer Haustüre lösen.“ Wie Zimmermann glaubt Bakum, dass Kommunalpolitiker „vor allem Interesse an Menschen und Neugier auf neue Entwicklungen brauchen und nach vielen Jahren im Politikbetrieb oft in der Gefahr sind, zu sagen: Das geht nicht. Das haben wir immer schon so gemacht. Da kann ja jeder kommen.“