Mülheim-Broich. Die Bezirksregierung hat der Stadt mittlerweile klargemacht, dass sie keine millionenschweren Projekte an der Aufsicht vorbei mehr duldet. Mülheims Kämmerer Bonan argumentiert: Hätte die Stadt selbst gebaut, wären andere Investitionen nicht möglich gewesen.
Das umstrittene Finanzierungsprojekt der Hauptfeuerwache hängt der Stadt noch mindestens bis zum Jahr 2030 wie eine lästige Klette am Bein. Jedes Jahr fließt ein Millionenbetrag aus dem städtischen Haushalt ab, der an anderen Stellen fehlt. Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde hat der Stadt zwischenzeitlich Daumenschrauben angelegt: Zwar will sie die „Akte Hauptfeuerwache“ nicht mehr umfassend prüfen, weil das Geschäft ohnehin nicht mehr rückgängig zu machen sei. Doch hat sie der Stadt klargemacht: So in Zukunft nicht mehr!
Die Stadt hatte sich die 43,7 Mio. Euro teure Feuerwache am Investitionshaushalt vorbei von der Mülheimer Investorengruppe SMW (MWB, Sparkasse, Hoffmeister-Gruppe) bauen lassen. Die Investition trägt die Stadt über einen 20 Jahre laufenden Mietvertrag mit Indexmiete ab. Über 20 Jahre, so eine Rechnung, wird die Stadt 87,6 Mio. Euro an Miete zu überweisen haben, ohne dass die Wache nach dieser Zeit in ihren Besitz übergeht. Für das Geld hätte sie über Investitionskredit locker selbst bauen können – und wäre im Besitz der Infrastruktur gewesen. Der gewählte Weg der Stadt ist deutlich teurer – und 2030 stehen schwierige Verhandlungen mit der heutigen Besitzerin der Spezialimmobilie, der Hannover Leasing, ins Haus. . .
Bezirksregierung verärgert über Finanzierungsmodell
Die Bezirksregierung stößt sich an dem Finanzierungsmodell für die Feuerwache, mehr noch: Sie ist verärgert. Denn die kostspielige Umwegfinanzierung bei der Hauptfeuerwache ist komplett an der Finanzaufsicht vorbei organisiert worden. Wie die Bezirksregierung der WAZ auf Anfrage schriftlich mitteilte, hat die Stadt das millionenschwere Finanzierungsprojekt trotz Auflagen in den Haushaltsverfügungen nicht in Düsseldorf angezeigt. So habe es auch kein kommunalaufsichtliches Verfahren geben können, hieß es.
Die Bezirksregierung deutete an, dass eine Anzeigepflicht seitens der Stadt durchaus bestanden haben könnte. Solche Projekte seien, wenn sie kreditähnliche Rechtsgeschäfte beinhalten, spätestens vier Wochen, bevor sie abgeschlossen werden, der Finanzaufsicht bekannt zu machen, damit die Behörde noch Gelegenheit hat, Bedenken geltend zu machen.
Bedenken hätte die Bezirksregierung gehabt. In einem Brief an einen WAZ-Leserbeirat schreibt eine Kommunalaufseherin: „Auch ich bin der Meinung, dass im Rahmen der Errichtung und Finanzierung der Hauptfeuerwache weitere Handlungs- und Verhandlungsoptionen hätten geprüft werden können.“ Sie teile die Befürchtung, dass die Stadt 2030 bei der Verhandlung der Anschlusskonditionen für eine weitere Anmietung der Hauptfeuerwache keine gute Position habe. Die Verärgerung bei der Aufsicht muss groß gewesen sein, zumal gar das Innenministerium eine Stellungnahme verlangt hatte. Dem Leserbeirat und der WAZ gab die Bezirksregierung die Botschaft, dass sie sich jenes Vorbeiwurschteln an der Aufsicht künftig nicht mehr gefallen lassen will: „Es ist vereinbart, dass künftig jegliche Finanzierungsgeschäfte größeren Ausmaßes, ob es sich nun um langfristige Anmietung oder sonstige Finanzierungsmodelle handelt, im weiten Vorfeld der Beschlussfassung mit der Finanzaufsicht besprochen und abgestimmt werden.“
Stadt: Keine Alternative gerechnet
Den „Fall Hauptfeuerwache“ hat die Bezirksregierung dennoch zu den Akten gelegt. Es sei im Nachhinein, da das Geschäft nicht rückabzuwickeln wäre, zu aufwändig zu prüfen, ob die Stadt ihre in § 86 der Gemeindeordnung verankerte Anzeigepflicht verletzt habe.
Die Stadt hat auf Nachbohren der Bezirksregierung übrigens von sich gewiesen, dass der Feuerwachen-Deal anzeigepflichtig gewesen sein soll. Dies hat Kämmerer Uwe Bonan in dieser Woche gegenüber dieser Zeitung noch einmal wiederholt. Gleichzeitig bestätigte er der WAZ, dass die Stadt vor der Entscheidung, die Wache bauen zu lassen und dann anzumieten, gar nicht erst eine Vergleichsrechnung angestellt hat, ob der Bau der Wache in Eigenregie nicht hätte deutlich günstiger sein können.
Bonan: „Die einzig vertretbare Lösung“
Kämmerer Uwe Bonan verteidigt das gewählte Mietmodell für die Feuerwache. Es sei unter den seinerzeit vorhandenen finanziellen Restriktionen „die einzig vertretbare Lösung“ gewesen. Als der Stadtrat 2007 den Beschluss zum Bau der Feuerwache durch die SMW fasste, wirtschaftete Mülheim zwar vorübergehend nicht im Nothaushaltsrecht, doch hatte die Bezirksregierung die Stadt in ihrer Haushaltsverfügung auch 2007 darauf hingewiesen, dass eine Nettoneuverschuldung tunlichst zu vermeiden sei.
Hätte die Stadt den notwendigen Bau der Feuerwache selbst kreditfinanziert, argumentiert Bonan, hätten die 43,7 Mio. Euro für andere Investitionen in der Zeit von 2008 bis 2010 nicht zur Verfügung gestanden: für Schulsanierungen (Gustav-Heinemann-, Martin-von-Tours-, Remberg- und Schule am Hexbachtal, Chemiebereich Berufskolleg Kluse), für die Sanierung des Kunstmuseums, den U3-Umbau in 31 Tageseinrichtungen, den Sporthallen-Bau am Schulzentrum Broich, die Modernisierung von drei Sportplätzen, die Sanierung des Wennmann-Bades und diverse Investitionen in den Brandschutz.