Mülheim-Broich. Experten der Firma Carl Zeiss Jena führen Wartungsarbeiten an der Camera Obscura in Mülheim durch. Denn das Bild wird durch Verunreinigungen dunkler. Für die Reinigung wird der Spiegelkopf in 37 Meter Höhe entfernt. Ursprünglich war der Spezialspiegel für ein russisches Weltraumteleskop vorgesehen.
Offiziell sind sie nur zu zweit aus Jena angereist, um die jährlichen Wartungsarbeiten an der Camera Obscura durchzuführen. Aber Dr.-Ing. Stefan Frank und Feinmechaniker Jürgen Haese von der Firma Carl Zeiss Jena haben nichts dagegen, dass ihr ehemaliger Kollege und Vorruheständler Rainer Robotta, der Vater der Mülheimer Camera, engagiert und „ganz privat“ mit von der Partie ist.
Der erzählt gerne, wie alles anfing: Die Camera Obscura war 1991 für das Unternehmen der erste große Auftrag nach der Wende. Der Ideengeber Prof. Werner Nekes sei damals, im Vorfeld der Mülheimer Gartenschau, nach Jena gereist und habe am Empfang gesagt: „Wir suchen jemanden, der etwas von Optik versteht.“ „Da kam ich zufällig mit einem Kollegen vom Essen zur Tür herein und so hat alles begonnen“, erinnert sich Robotta.
Es gab und gibt Interessenten aus aller Welt
Man habe sich Folgeaufträge erhofft und deshalb mit ursprünglich 80.000 € ein sehr günstiges Angebot gemacht. Letztlich sei die Mülheimer Camera Obscura von der Firma Carl Zeiss die weltweit Einzige dieser Art geblieben, obwohl es Interessenten aus aller Welt gegeben habe und immer noch gibt.
Der Wasserturm sei damals noch baufällig gewesen. Für die Installations- und späteren Wartungsarbeiten bis Ende der 1990er Jahre habe die Feuerwehr ihren Kran zur Verfügung gestellt, ein ziemlich abenteuerliches Unterfangen. „Der Korb war extrem windempfindlich. Ich will nicht sagen, wie es mir oft hinterher ging“, so der Ingenieur Robotta. Wenn wir den 45 Kilogramm schweren Spiegelkopf heraushoben, sackte die Leiter sicherlich einen Meter ab. Es war eine Zirkusnummer!“
Jedes Jahr 20.000 Besucher
„Wir bauen die Optik aus und sie wird von uns gründlich gereinigt“, erklärt der promovierte Ingenieur Stefan Frank, der den Wartungsauftrag von Robotta übernommen hat. Das Bild werde im Laufe des Jahres durch Verunreinigungen dunkler, die Mechanik sei bislang immer in Ordnung gewesen. „Der Spezialspiegel war ursprünglich für ein russisches Weltraumteleskop vorgesehen“, erklärt Dr. Tobias Kaufhold. Durch den Mauerfall wurde dieser nicht mehr benötigt und konnte so in Mülheim eingebaut werden. Jeden Tag außer montags gebe es für die Besucher – konstante 20.000 sind es jährlich-- einige Vorführungen. Die Camera sei von überragender Qualität. Die Optik muss heiße und kalte Temperaturen aushalten.
Mit dem dreilinsigen System der Camera Obscura gucke man dank des Planspiegels zur Umlenkung in die Ferne. Auch sei das Bild geebnet, erklärt Robotta. Die ein bis zwei Tage dauernden Wartungsarbeiten werden vom Träger des Museums, der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH, MST, beauftragt. Kosten inklusive Spezialkran: 8000 €. „Einmal rief ein Fensterputzer an, der den Auftrag übernehmen wollte“, erinnert sich Kaufhold amüsiert. Das sei natürlich auch aus Gewährleistungsgründen nicht möglich gewesen.
Die Experten gehen jedes Jahr gleich vor: Zuerst wird der Ist-Zustand begutachtet, dann wird von außen der Spiegelkopf entfernt. Dieser enthält die gesamte Optik, den Spiegel und das Linsensystem. Der Spiegelkopf wird im Cafébereich zerlegt, geprüft, gereinigt, zusammengebaut und rückmontiert. Alle Originalunterlagen liegen dafür bereit.
„Viele Besucher kommen vor allem wegen der Camera zu uns“, erklärt Museumspädagoge Dr. Jörg Schmitz, der mit Leiter Kaufhold für die Gäste die Vorführungen macht – jede einzigartig auf die Zuschauer abgestimmt.