Mülheim. Theater-Chef Roberto Ciulli führte am Sonntag durch die Räumlichkeiten, aber auch durch die bewegte Geschichte seines Hauses. Der fast 80-jährige Künstler streute etliche persönliche Anekdoten ein.
Roberto Ciulli lässt es sich an diesem Sonntag nicht nehmen, seine Gäste persönlich durch das Theater an der Ruhr zu begleiten. Und es wird nicht nur ein Gang durch die Räumlichkeiten des Hauses – die Intendanz, das Atelier des Bühnenbildners, die Malerwerkstatt, die Schlosserei oder die Tischlerei – sondern eine philosophische Reise durch die Theatergeschichte im Allgemeinen und des Mülheimer Theaters im Besonderen.
Entspannt sitzt Ciulli auf der kleinen Bühne des Theaterfoyers, welches dem Kostümbildner Klaus Arzberger gewidmet ist. Er erzählt vom Ursprung des Theaters, vom fahrenden Volk, welches oft nicht innerhalb der Stadtmauern geduldet wurde. Seine aufklärerische Wirkung war früh bekannt und wurde, damals wie heute, nicht von allen geschätzt. Das Reisen gehörte für das 1980 gegründete Theater von Anfang an dazu. „Reisen ist für dieses Theater zur Seele geworden und es gibt wohl kein anderes Theater in Deutschland, dass so viel gereist ist“, sagt Ciulli. Früh begann das Ensemble, mit seinen Inszenierungen ins Ausland zu reisen. Jugoslawien war der Anfang. Mehr als 30 weitere Länder, oft mit politisch schwierigen Verhältnissen, kamen im Laufe der Jahre hinzu. Eine Erfolgsgeschichte, die den guten Ruf des Mülheimer Theaters in die Welt getragen hat.
Theater ohne Hierarchien
Die Besuchergruppe hört dem gebürtigen Mailänder, der am 1. April seinen 80. Geburtstag feiert, gebannt zu. Er erzählt leise, streut Anekdoten ein und verknüpft seinen Vortrag mit persönlichen Geschichten und Lebenserfahrungen. Auch der philosophische Dialog zwischen den Gründern und künstlerischen Leitern, dem Bühnenbildner Gralf-Edzard Habben, Helmut Schäfer und Roberto Ciulli, habe das Theater zu dem gemacht, was es heute ist. Seit zwölf Jahren gehört auch Sven Schlötcke zum Leitungsteam. „Wir haben damals angefangen zu träumen“, sagt Ciulli. Man wollte ein Theater schaffen ohne Hierarchien, ohne raschen Wandel, ohne Druck, alle sechs Wochen ein neues Stück auf die Bühne bringen zu müssen.
Er zeigt den Gästen seinen Arbeitsplatz, einer von fünf in dem großen Raum. Die Schreibtische bestehen aus Türblättern, die auf Böcke gelegt sind. Hoch oben an den Wänden hängen Plakate der Inszenierungen, beginnend 1981 mit „Lulu“ von Frank Wedekind, „ein Skandal in damaliger Zeit“.
Vier junge Frauen aus Leverkusen sind hingerissen. „Man merkt, dass er Philosophie studiert hat. Er hat einen echt entführt“, sagt Sandra Schwiemann. Hildegard und Wolfgang Rücker sind begeistert von dem Blick hinter die Kulissen. „Es läuft in diesem Theater wirklich anders ab. Roberto Ciulli ist eine Bereicherung für Mülheim.“
Das afrikanische Land Kamerun steht am kommenden Dienstag und Mittwoch im Fokus: Am 25. März geben Pélagie Alima, Francois Alima und Aimè Mama ein Konzert. Am 26. März folgt das Musiktheater-Stück „Nangaboko! – Brigands“.
Das TAR beherrscht, laut Roberto Ciulli, mit 15 Schauspielern ein Repertoire von 24 Stücken.