Mülheim. .

Der urbane Raum „Ruhrgebiet“ ist im Wandel und bietet Wissenschaftlern und Künstlern unterschiedlicher Fachrichtungen einen reichhaltigen Nährboden für ihre Forschungen und Projekte.

Darauf wurde auch die Züricher Hochschule der Künste aufmerksam, und Christoph Schenker vom Institut für Gegenwartskunst initiierte vier verschiedene Projekte, den urbanen Raum mitten im Pott zu erkunden. „Wir wollten unbedingt im Ruhrgebiet arbeiten, die Kooperation mit Mülheim kam aber aus rein praktischen Gründen zustande“, berichtet Schenker über die Beweggründe, nach Mülheim zu kommen. Warum es denn vier Projekte seien sollten, hat einen ebenso simplen Grund: „Wir wollten uns die Stadt über unsere vier Grunddisziplinen Bildende Kunst, Sound und Musik, Erzählen wie im Theater und im Film und über einen ethnografisch-anthropologischen Zugang erschließen.“

"Prekäre Landschaften" als Leitbegriff

Der Institutsleiter traf auf Katja Aßmann, die für die künstlerische Leitung der „Urbanen Künste Ruhr“ verantwortlich zeichnet. Schnell stand für beide fest: „Wir müssen zusammen ein größeres Projekt in die Wege leiten.“ Lediglich ein Arbeitsort musste noch gefunden werden. Mit Anne Kleiner, die dem Vorhaben in der Dezentrale und im Ringlokschuppen ein zu Hause gab, war die Entscheidung für Mülheim gefallen. „Prekäre Landschaften“ lautet der Leitbegriff, zu dem die vier Künstlergruppen, bestehend aus zwei bis vier Personen, ab Anfang 2013 die Stadt unsicher machten. Sie sprachen mit den Einwohnern und nahmen Bild- und Tonmaterial auf.

Am Freitag präsentierten die Gruppen die Zwischenergebnisse ihrer Forschungsarbeiten in Form von Vorträgen in der Dezentrale mitten in der Innenstadt, am Samstag konnten Interessierte die Erkenntnisse bei Rundgängen durch die Stadt und Präsentationen am eigenen Leib erfahren. Einen recht geringen künstlerischen, dafür kulturwissenschaftlichen Einfluss hatte das Projekt „City Telling Ruhr“ von Tobias Gerber und Ingo Starz. Die Wissenschaftler erkundeten die ihnen fremde Stadt durch zahlreiche Gespräche mit Mülheimern. Dabei ging es um Vergangenes und Gegenwärtiges. Die Gespräche fanden in vielen Stadtteilen statt. „Mülheim hat zwar ähnliche viele Einwohner wie Zürich, aber eine viermal so große Fläche. Das führt dazu, dass die Menschen hier mehr in ihren Stadtteilen leben und so verwaist die Innenstadt“, lautet Starz’ Erkenntnis.

"Mülheim war früher eine schöne Stadt"

Dabei fiel den „Fremden“ vor allem ein Satz auf, der von einem Viertel aller Befragten geäußert wurde: „Mülheim war früher eine schöne Stadt.“ Aus den mehrstündigen Aufzeichnungen schnitt jeder der beiden Künstler eine 25-minütige Ton-Collage. Doch trotz vieler Klagen der Bewohner waren sich die meisten in einem einig: „Ich wohne gerne in Mülheim.“