Mülheim. .

Das Festival „Jazz an der Ruhr“ im Schloss Broich wurde seinem guten Ruf auch in diesem Jahr absolut gerecht. Mehr als zehn Stunden servierten die Bands wieder musikalische Leckerbissen, die es in dieser Fülle und Bandbreite in der Region sonst nur selten zu hören gibt.

Für die maximal entspannte Atmosphäre im Schlosshof sorgte neben den relaxten Tönen von der Bühne, dem angenehmen, heiter bis wolkigem Wetter, auch die überschaubare Zahl der Besucher: Rund 400 Jazzfans genossen bis zum Abend die Klänge der sechs Amateur- uns Profibands.

Riverboat-Shuffle

Zum Auftakt in der Mittagszeit startete wieder die beliebte Riverboat-Shuffle vom Wasserbahnhof, erklang wieder der typische Dixie-Sound aus New-Orleans auf der Ruhr: Dort erfreuten die vier Dixie Ducks auf dem Fahrgastschiff „Mülheim an der Ruhr“ eine kleinere Gruppe von Fans mit Ohrwürmern und Evergreens, mal im Stil des fröhlichen Marching Band Dixies mal mit leiserer, jazziger Diner-Musik. Später gab das Quartett um Bandleader Lutz Eikelmann noch ein munteres Platzkonzert im Schlosshof, als Pausenfüller zwischen den Auftritten auf der großen Bühne.

Dort stimmten die „Students of Jazz“, die 2008 gegründete Schülerband des Mülheimer Jazzclubs, die vielen älteren Jazz-Liebhaber an den langen Tischen im Innenhof des Schlosses musikalisch auf das Programm ein. Auch die acht jungen Musiker boten Dixie-Klassiker, aber auch Stücke aus der späteren Swing-Ära und Songs von vergleichsweise modernen Jazz-Rocker wie Herbie Hancock. Bandleader Karsten Griguszies hat in fünf Jahren ein sehr kompakt spielendes Nachwuchsteam geschmiedet.

Geschlossenes Spiel

Ähnlich dicht und geschlossen spielten auch die älteren Herren der Dusty Lane Jazzband, die die Dixieland-Musik in Richtung Chicago weiterentwickelt haben. Der Unterschied: Die siebenköpfige Band aus Essen und Umgebung gründete sich bereits vor 53 Jahren, sammelte seitdem ungleich mehr Spielerfahrung. Die Musiker aller Bands ernteten mit ihren vielen Solo-Einlagen immer wieder Zwischenapplaus. Der Jazz lebt von der gekonnten Improvisation.

Zum absoluten Höhepunkt des Jazzfestivals entwickelte sich der gelungene Auftritt der Boogie Woogie Company, „vielleicht die beste ihrer Art in Europa“, so Manfred Mons, Leiter des Jazzclubs Mülheim Jazz-Club. Seitdem verbindet das Quartett, 1960 in Köln gegründet, den traditionellen Boogie Woogie-Stil lebendig mit modernen Jazzelementen, statt nur alte Vorbilder zu kopieren.

Begeisterte Beifallsstürme

Den lebenslustigen, kraftvollen, nuancenreichen und vielfältigen Sound bestimmen Jazz-Gitarrist Ali Claudi, und sein musikalischer Counterparts Christoph Oeser am Piano. Sie ließen die Töne mit großer Leichtigkeit von den Saiten und Tasten ihrer Instrumente perlen. Ihre virtuosen Soli sorgten immer wieder für begeisterte Beifallsstürme.

Zweites Highlight des 22. Jazzfestivals an der Ruhr war der Auftritt von Bert Boeren mit dem Summa Cum Laude Orchestra, ein Septett, also eine klassische Combo, die zwei langjährige Freunde eigens für den Auftritt in Mülheim zusammen gestellt hatten: der niederländische Posaunist Bert Boeren und der deutsche Bassist Nico Gastreich. Das besondere Jazz-Ensemble für einen Tag begeisterte das dankbare Publikum mit eindrucksvollen Interpretationen von Jazz-Songs aus den 30er und 40er Jahren.

Machteld Cambridge hörenswert

Besonders hörenswert: die schwarze Sängerin Machteld Cambridge. Sie bereicherte die Jazz-Vorlagen mit Soul-Feeling, kraft- und gefühlvoll. Das gelang auch der Soul-, Gospel und Pop-Sängerin Deborah Woodson bei ihrem großartigem Konzert mit der 1973 gegründeten Climax Band Cologne. Das erfahrene Sextett überzeugte durch eine große stilistische Bandbreite, vom Traditional Jazz und Blues über Swing bis zu modernem Rock und Pop der 70er Jahre, ausgefeilte Bläserarrangements, gute Soloeinlagen und handgemachte Musik.