Mülheim. . Der öffentliche Personennahverkehr der Stadt Mülheim kostet mehr als der Flughafen: Der Kämmerer gibt innerhalb von drei Tagen so viel Geld für den ÖPNV aus wie im ganzen Jahr für den Flughafenbetrieb. Andere Städte wie Herne finanzieren ihren Nahverkehr sehr viel günstiger als Mülheim. Ein Kommentar.

Sie erinnern sich? Weil die Stadt im Jahr an die 100 Millionen neue Miese macht, wollte man bei politischen Sitzungen nur noch Wasser, keinen Kaffee mehr ausschenken. Und das Butterbrot auch bei noch so langen Sitzungen sollte gleich mit weg. Sie erinnern sich, dass man die Wasserfontänen im Sommer abstellen wollte, kein Geld. Wenn’s ums Sparen geht, setzt man häufig auf Kleinigkeiten. Doch wo die Stadt richtig sparen könnte, gilt: Wir haben’s ja! Beim ÖPNV etwa.

Die Politik hat bei der Neuaufstellung des Nahverkehrsplanes die Chance, die Weichen neu zu stellen – ohne das Angebot für den Bürger zu verschlechtern, wohl aber um mittelfristig von dem gigantischen Zuschuss-Geschäft MVG herunter zu kommen. Der schrittweise konsequente Ausstieg aus der Schiene wäre eigentlich das Gebot der Stunde. Hin zum deutlich billigeren Bus.

Die Bürger schimpfen und kritisieren

29 Millionen Euro Verlust macht die MVG Jahr für Jahr, in den nächsten vier Jahren sollen, müssen 150 Millionen investiert werden, allein 120 Millionen in das Schienennetz, weitere 100 Millionen werden in den nächsten zehn, zwölf Jahren dort erforderlich sein. Das ist schlicht unbezahlbar. Ein bisschen weniger Schiene, etwas mehr Bus – ein lächerlicher Sparbeitrag von nicht einmal zwei Millionen Euro liegt derzeit auf dem Tisch. Das ist kein Sparen, das ist Kosmetik an einem System in einer schrumpfenden Stadt.

Mülheim macht beim ÖPNV jeden Tag fast 80.000 Euro Miese, pro Einwohner 168 Euro im Jahr. Wenn nun die Bevölkerung „Hurra“ schreien würde, den Nahverkehr als eine große Stärke in der Stadt, als Bereicherung ansehen würde, könnte man ja noch sagen: Ok, das hat halt seinen Preis. Die Realität sieht anders aus:

Es wird kritisiert, gemeckert, geschimpft – über veraltete Fahrzeuge, Ausfälle, Unpünktlichkeit, Unsauberkeit, defekte Anlagen, nicht funktionierende Rolltreppen und was sonst noch alles. Zum Vergleich: An drei Tagen muss der Kämmerer für den ÖPNV so viel locker machen wie im ganzen Jahr für den Flughafen, den die Politik seit Jahren als finanzielles Desaster hinstellt. Ist der Blick für Relationen verloren gegangen?

Warum können vergleichbare Städte ihren Nahverkehr so viel günstiger gestalten? Herne etwa macht gerade mal ein Drittel der Mülheimer Verluste und auch dort kommen die Menschen von A nach B. Die OB nutzt landauf, landab zu recht jede Gelegenheit, um die desaströse Lage der Kommunen zu beklagen – hier schweigt sie neben ihrem Kämmerer, der beim ÖPNV größte Bauchschmerzen haben müsste. Die Politik ist dabei, ein schwer in die Jahre gekommenes System für weitere Jahrzehnte zu zementieren. Eine Belastung für nächste Generationen. Aber genau so wollte man eigentlich nicht weitermachen.