Mülheim.

Der vermeintliche Tippfehler ist Absicht: „Wellcome“ heißt das neue Kooperationsprojekt der Evangelischen Familienbildungsstätte (FBS) und des Diakonischen Werkes, das „praktische Hilfe nach der Geburt“ bieten soll. Und in dieser Wortschöpfung – bestehend aus den englischen Worten „Welcome“ (Willkommen) und „Wellness“ (Wohlbefinden) – steckt das Anliegen des Projekts: Ehrenamtliche sollen Eltern mit Babys unterstützen, damit sie der Alltag nicht überfordert und die Familie nicht schon kurz nach der Geburt in eine Krise kommt.

Präventionsprojekt läuft bundesweit

Barbara Cronau, die bei der FBS den Fachbereich „Familie leben“ leitet und das Wellcome-Projekt koordiniert, weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn das Baby alle Aufmerksamkeit fordert: „Ein Kind zu bekommen, ist immer eine Veränderung. Das erste Kind sowieso, aber auch das zweite.“ Der Alltag wird dann zur Herausforderung, weil eben noch kein Alltag eingekehrt ist. Ein ständig schreiendes Kind, beispielsweise, verursache Stress, könne als Belastung empfunden werden. „Wenn eine Mutter dann Entlastung erfährt, hat sie wieder mehr Ressourcen, um positiv aufs Kind zuzugehen“, sagt die Fachbereichsleiterin.

Eben diese Entlastung sollen Ehrenamtliche bieten und „moderne Nachbarschaftshilfe leisten“, wie FBS-Leiterin Annette Sommerhoff es nennt. Darunter versteht sie den Spaziergang mit dem Kind, damit die Mutter Schlaf nachholen kann, der Gang zum Spielplatz mit dem Geschwisterkind oder das Vorbeibringen eines Mittagessens. Dinge, also, die Freunde, Familie oder Nachbarn leisten würden. Doch oft, sagt Annette Sommerhoff, „gibt es diese Systeme nicht mehr, weil die Großeltern zum Beispiel nicht in der Nähe wohnen“. Darüber hinaus soll der Einsatz der Ehrenamtlichen nicht gehen: Familienhebammen oder Sozialarbeiter würden keinesfalls ersetzt, betonen die Mülheimer Organisatoren.

In über 200 Städten bundesweit

Dennoch sehen die Verantwortlichen von FBS und Diakonischem Werk in dem Projekt aktive Präventionsarbeit. Auch die Stadt ordnet es dem kommunalen Arbeitsbereich „Frühe Hilfen“ zu. Unterstützt wird diese Sicht von einer Evaluierung der Universität Kiel. „Wellcome“ läuft bereits in über 200 Städten bundesweit; und bei der wissenschaftlichen Begleitung zeigte sich, dass eine kurze Auszeit die Bindung von Mutter und Kind stärken kann. Zudem sei dies ein wirksames Mittel im Sinne der Gewaltprävention, sagt Annette Sommerhoff: „Es wird Spannung aus dem System Familie genommen.“

Das Angebot richtet sich an alle Mülheimer Eltern mit Kind(ern) im ersten Lebensjahr und kostet die Familien 5 € pro Stunde. „Ein Zeichen der Weltschätzung“ sieht Barbara Cronau in dem Kostenbeitrag, zudem sollen damit die Fahrtkosten der Ehrenamtlichen gedeckt werden.