Mülheim.

Für eine katholische Kirche ist sie relativ schlicht. Und das ist genau das, was Pastor Konrad Jakobs damals wollte. Als er 1928 den Bau der Marienkirche begleitete, sollte sie nicht prunkvoll aussehen, weil auch die Menschen nicht viel Geld hatten. Deshalb fragt Brigitte Zais Besucher von außerhalb gerne, welche der beiden Kirchen auf dem Kirchenhügel sie für die katholische halten. „Es ist immer die Petrikirche“, sagt die Gästeführerin. Heute führt sie jedoch nur waschechte Mülheimer über den historischen Kirchenhügel. Trotz eisiger Temperaturen und Schneeregens haben sich Zais an diesem Sonntagmorgen immerhin drei Teilnehmer für den MST-Stadtrundgang „Durch Tür und Tor“ angeschlossen.

Vor der evangelischen Petrikirche wartet der nächste Programmpunkt: der Kortum Brunnen. Mit ihm war dem bekannten Arzt Dr. Carl Arnold Kortum (1745-1824) und seiner Dichtung Jobsiade ein Denkmal gesetzt worden. „Die Bronzefigur wurde im Zweiten Weltkrieg konfisziert und sollte eingeschmolzen werden“, berichtet Brigitte Zais. Sie wurde jedoch auf dem Bronzefriedhof in Hamburg wiedergefunden und zunächst an der Ecke Bachstraße/Friedrichstraße wieder aufgebaut. Auf Initiative der Bürger kam sie jedoch zum Kirchenhügel zurück.

Teilnehmer öffnen verschlossene Tür

Hinter der Petrikirche öffnet sich für die Teilnehmer ein oft verschlossenes Tor und führt sie zum Tersteegen-Gedenkstein. „Wir wussten nie, wo der steht“, sagt Dagmar Peek, die mit ihrem Mann Wolfgang vor anderthalb Jahren die „Mausefalle“ gekauft hat. Brigitte Zais lässt ihre Gäste auf dem Stein die christlichen Symbole Kreuz, Herz und Anker suchen, die für „Glaube, Liebe und Hoffnung“ stehen. Wolfgang Peek findet hinter der Petrikirche noch etwas ganz anderes: „Hier hinten führt der Weg lang, von dem ich dir erzählt habe“, sagt er zu seiner Frau. Auch der ist meist verschlossen. „Früher konnte man hier entlanglaufen“, weiß Teilnehmerin Sabine Paschmann. „Da war ich allerdings noch jugendlich und habe hier meine Konfirmation gefeiert.“

Wieder zurück vor der Petrikirche wirft die Gruppe noch einen Blick auf das Tersteegenhaus. Von dort soll Gerhard Tersteegen (1697 bis 1769) aus dem Fenster heraus gepredigt haben. Heute befindet sich im Haus das Heimatmuseum. „Ich musste fast 60 Jahre alt werden, um das Haus mal von innen zu sehen“, sagt Dagmar Peek. Auch ihr Mann findet: „Man lernt seine Heimat eigentlich erst richtig kennen, wenn man mal Besuch kriegt, dem man die Stadt zeigen soll.“

Am Hagdorn 32 verbirgt sich ein ganzes Haus im Hinterhof

Auf der ältesten Straße Mülheims, dem Hagdorn, lernen die Teilnehmer, dass in Haus Nummer 11 früher die erste mechanische Schreinerei war. Hinter dem Backsteinhaus mit der Nummer 23 hätte sich 1840 eine Kleinkindschule verborgen, berichtet Zais. Nach einem Abstecher zur Backsteinschule fahren alle in die zehnte Etage des Ev. Krankenhauses, um den Ausblick auf die Altstadt von oben zu genießen. Doch Ehepaar Peeks wünscht sich einen wärmeren Abschluss und lädt spontan alle in ihre Mausefalle ein – ein Tourausklang, der Wiederholung finden dürfte.

Mit dem Stadtrundgang „Durch Tür und Tor“ möchte die MST Orte zeigen, die normalerweise verschlossen sind. Am Hagdorn verbirgt sich hinter Nummer 32 gleich ein ganzes Haus. Das alte Fachwerkgebäude trägt ebenfalls die 32 und wird nur für die sichtbar, die durch den ersten Hauseingang gehen.