Mülheim.
Prof. Dr. Ferdi Schüth, geboren in Warstein, ist ein international renommierter Chemiker und zugleich Fachmann für unterhaltsame wie lehrreiche Knalleffekte, die er gerne einem breiten Publikum präsentiert. Augenscheinlich hat der 52-Jährige aber auch Spaß daran, wenn in der Silvesternacht um ihn herum Massenware detoniert.
Kaufen Sie Ihr privates Silvesterfeuerwerk im Laden, oder bedienen Sie sich im Labor?
Prof. Dr. Ferdi Schüth: In diesem Jahr knalle ich in der Silvesternacht gar nicht, weil wir in Berlin am Gendarmenmarkt feiern und einfach nur zuschauen werden. Doch ansonsten kaufe ich die Sachen, weil in einem richtig guten Feuerwerk viel Know-How steckt. Das kann man nicht so einfach selber herstellen. Es sind aber auch eher meine Kinder, die an der Silvesterknallerei Spaß haben.
Wie alt sind Ihre Kinder?
Schüth: Meine Töchter sind 15 und 13 Jahre alt, beide begeisterte Feuerwerkerinnen. Sie gehen aber vorsichtig mit den Sachen um und haben auch schon oft gesehen, wie es funktioniert, wenn ich zu Hause mal etwas Pulver abfackele. Probleme beim Feuerwerk entstehen ja auch vor allem dann, wenn Alkohol im Spiel ist.
Sehen Sie in punkto Feuerwerk eigentlich Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
Schüth: Nach meinen Beobachtungen mögen Frauen vor allem schöne Lichteffekte, Jungs lassen es lieber knallen. Ich persönlich finde Feuerwerk, das sich ganz in meiner Nähe auf dem Boden abspielt, toll. Sprühende Fontänen zum Beispiel. Was in die Höhe fliegt, fasziniert mich weniger.
Wie zünden Sie an? Mit Zigarre, langem Streichholz, Feuerzeug…?
Schüth: Mit dem Feuerzeug oder einem Kerzenanzünder.
Waren Sie wild auf Silvesterknaller, als Sie ein Junge waren?
Schüth: So bin ich überhaupt zur Chemie gekommen! Wir Kinder sind am Neujahrsmorgen losgezogen, haben die Papphülsen eingesammelt, mit selbst gemischtem Pulver befüllt und explodieren lassen.
Haben Sie sich nie die Finger verbrannt?
Schüth: Die Finger nicht, aber meinem Bruder habe ich einmal die Haare angesengt mit den Ingredienzien, die in unserem Chemiekasten waren. Heute dürfen viele Stoffe gar nicht mehr verkauft werden.
Falls jemand kein Geld für Silvesterknaller ausgeben möchte: Hätten Sie einen Tipp, wie auch Nicht-Chemiker ihr Feuerwerk selber machen können?
Schüth: Lassen Sie mich einen Moment nachdenken… Es müssten ja Dinge sein, die man im Haus hat. Da wäre einiges möglich, aber es ist zu gefährlich, als dass ich es als Rezept veröffentlichen möchte. Was man gut machen kann, sind Mehlbomben, wie sie früher in diesen Werkbüchern für Jungen standen.
Was ist für Sie persönlich das Faszinierende am Feuerwerk?
Schüth: Dass man nie ganz genau weiß, was passiert. Wenn ich beispielsweise eine Fontäne entzünde, habe ich vorher keine exakte Vorstellung, wie sie aussieht. Spannend ist auch der Überraschungseffekt: das Warten auf die Explosion, wenn man die Zündschnur angesteckt hat. Und schließlich: Feuer finden alle Menschen faszinierend, selbst wenn es nur ruhig und orangefarben im Kamin lodert.
Raketen und Fontänen brennen in verschiedenen Farben: Wie bekommt man das hin?
Schüth: Buntes Feuer entsteht durch chemische Elemente, bei denen, sobald sie durch die Explosion genügend erhitzt sind, Energie in Form von Licht freigesetzt wird. Jedes Element erscheint in einer charakteristischen Farbe, anhand derer Chemiker es auch identifizieren können. Grün ist Barium, Rot Strontium, Gelb Natrium, Silber erzeugt man einfach mit Aluminium- oder Magnesiumpulver.
Und Blau?
Schüth: Gutes blaues Feuerwerk zu machen, ist schwierig, weil es hierfür kein geeignetes Element gibt. Teilweise werden Kupfersalze verwendet, aber die Färbung ist schlecht kontrollierbar und nicht so intensiv wie bei den eben genannten Elementen.
Besteht hier noch Forschungsbedarf?
Schüth: Die chemischen Elemente sind alle bekannt. Da wird man kein neues mehr finden.
Sie und zwei Max-Planck-Kollegen hatten Ende September gut tausend Zuschauer bei Ihrer Chemie-Show auf der Freilichtbühne. Die nächste soll aber erst 2014 stattfinden, bleibt es dabei?
Schüth: Wahrscheinlich schon. Zur 100-Jahr-Feier unseres Institutes würde das gut passen. Außerdem könnte sich eine jährliche Schau auch totlaufen, denn die spektakulären Effekte sind doch begrenzt.
Sammeln Sie schon neue, bühnentaugliche Ideen?
Schüth: Ja. Neulich hat ein Freund, der eigentlich kein Chemiker ist, sondern Ingenieur, vorgeschlagen, Honig-Smacks mit Hilfe von flüssigem Sauerstoff explodieren zu lassen. Wir haben es ausprobiert, es geht wirklich.
Bauen sie die Honig-Smacks in Ihre nächste Show ein?
Schüth: Das könnte gut sein. Ob wir die Reihe fortsetzen, hängt allerdings auch davon ab, was mit der Freilichtbühne passiert. Sie ist für unsere Vorführungen einfach traumhaft. Gigantisch.