Mülheim. .

„Machse mich’n Kakao?“, „eins mit Fleischwurst“, „Schnitzel Kaffee“: Die Kundschaft formuliert ihre Bestellungen knapp. Reicht doch, Veronika Nass versteht sie auch ohne große Worte. Die vielen Stammkunden der Bude an der Ecke Kluse / Dimbeck in Holthausen brauchen oft gar nichts zu sagen.

„Dein Kaffee ist schon da“, heißt es dann freundlich. Auf dem Schild unter der Bierwerbung steht zwar Trinkhalle, aber Frau Nass findet, das hier sei eine Bude. Zeitungen und Stehtisch links, Illustrierte und Mülltonne rechts, dazwischen die Durchreiche – so gehört sich das für einen echten Kiosk im Revier.

"Ein super Treffpunkt"

„Das ist ein super Treffpunkt“, schwärmt Musiker und Theatermacher Jan Kempken. Jeden Morgen geht er auf seiner Runde mit Hund Jette „anne Bude“, um eine Stärkung zu kaufen und einen Schwatz mit Veronika Nass zu halten. „Wir machen viel Blödsinn“, schmunzelt er. Jette läuft immer schon voraus, weil jeder Hund von Frau Nass eine Scheibe Wurst bekommt. „Wenn an Feiertagen zu ist, dann ist Jette richtig unglücklich!“ Nun, Vierbeiner lieben leckere Rituale genauso wie Zweibeiner.

Schlappen die Anwohner am Wochenende leicht verschlafen zur Bude, finden sie es schön, die Brötchentüte mit ihrer Standard-Mischung fertig gepackt in Empfang zu nehmen. Ein Stammkunde lässt seinen Hund sogar die Tüte im Henkelkörbchen mit der Schnauze tragen. „Hier kommen alle hin“, erklärt Kempken, „auch die Ärzte, die hier rund herum wohnen, sind umgängliche Menschen, so wie der Herzdoktor“. „Der ist Chirurg“, stellt Frau Nass klar und ruft Herrchen und Hund noch einen schönen Tag hinterher.

Schüler holen ihr Frühstück

9 Uhr: Eine Schlange von Azubis der Berufsschule in der Kluse reiht sich vor der Bude auf. Besonders gefragt sind Bockwürstchen mit Senf oder Ketchup und Cola. „Viele Schüler kommen von auswärts und holen sich bei mir ihr Frühstück“, weiß Veronika Nass. Ruhig und konzentriert bedient sie einen nach dem anderen, und wenn zwischendurch das Telefon klingelt, kriegt sie den Anruf auch noch dazwischen.

„Mir gefällt diese Arbeit sehr gut. Ich mag den Umgang mit den Kunden, die Gespräche, unsere Späße, die sich aus der Situation ergeben. Manchmal ist es auch traurig, etwa wenn Stammkunden sterben. Und ich höre viel Tratsch aus der Nachbarschaft. Ich könnte ein Buch schreiben, das Buch vonne Bude!“ Direkt gegenüber wird neben einem denkmalgeschützen Fachwerkhäuschen ein kleines Wohnhaus gebaut. Veronika Nass hat den Fortschritt der Arbeiten stets im Blick.

Ein weiterer Berufsschüler eilt herbei: „eine Rote, bin zu spät!“ Schnell reicht Veronika Nass ihm sein Päckchen Zigaretten. Neben Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts, Kindern und Senioren aus dem Viertel steuern vor allem viele Handwerker die Bude an. „Elektriker, Müllmänner, Dachdecker, Fensterputzer…die treffen sich alle bei mir.“Schnell eine Frikadelle verzehrt und das Neueste ausgetauscht, so viel Zeit muss sein.