Mülheim.

Es ist kalt an der Ruhr, Hans Peters sitzt dick angezogen, mit Fellmütze auf dem Kopf, auf seinem Höckerchen und beobachtet konzentriert seine beiden Angeln. Er ist nur einer von zehn bis 15 Männern, viele von ihnen russischer Herkunft, die sich jetzt im Winter täglich auf beiden Seiten des Schleusenkanals am Wasserbahnhof zum Angeln treffen.

„Ich bin schon um halb neun ­gekommen und angle so bis zum Mittag“, erklärt der ältere Herr strahlend, sein Deutsch ist geprägt von einem starkem Akzent. „Dann gehe ich nach Hause, mache die ­Fische sauber und esse sie mit meiner Frau zu Mittag.“ Um diese Jahreszeit und an dieser Stelle bissen hauptsächlich Rotaugen, aber es komme natürlich auch darauf an , welche Köder er verwende, erklärt der 79-Jährige, der vor 14 Jahren mit seiner Familie aus Sibirien nach Mülheim gekommen ist.

17 glänzende Rotaugen

Er öffnet das Eimerchen mit dem roten Deckel und zeigt stolz seinen Vormittagsfang: 17 glänzende Rotaugen, fein säuberlich nebeneinander gestapelt, die Köder, ein kleines Döschen mit lebendigen Maden, stehen daneben. „Ich esse jeden Tag Fisch, das ist doch gesund und man soll 100 Jahre alt werden, hat mir mal jemand erzählt“, sagt der freundliche, lebhafte und etwas schwerhörige Mann verschmitzt. Nach seiner Ankunft in Deutschland mit Frau und Kindern hat Hans Peters nicht mehr gearbeitet. Er war ja schon 65 Jahre alt und hatte sein ganzes Leben in der Holzindustrie in Sibirien schwer gearbeitet.

Jetzt möchte er nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen, hält sich fit und vertreibt sich die Zeit mit seinem Hobby, das ihn ­bereits sein ganzes Leben begleitet. „Ich komme ganz früh, bin fast ­jeden Tag an der Ruhr, die Kälte macht mir nichts aus, ich habe ja meine dicken Schuhe an und meinen Kaffee aus der Thermoskanne schon getrunken.“

Im Sommer habe er seinen festen Platz

Im Sommer habe er seinen festen Platz an der Stadthallentreppe und unter der Brücke. Er erzählt eine Geschichte nach der anderen, die Kilo- und Größenangaben der Hechte und anderer Raubfische, die er in seinem Leben schon ­geangelt hat, strömen nur so aus ihm heraus, ein echter Profi eben.

Hans Peters ist in seinem Element. Sein Fahrrad, mit dem er immer unterwegs ist, hat eine spezielle Vorrichtung für die Angelfutterale, sein Sohn sei Schweißer und ­habe das für ihn gebaut, erklärt sein Bekannter Stanislav Kopp, der eher ein Abend- und Nachtangler ist, und nur mal sehen will, wie die Fische bei Hans beißen. „Wir haben sonst im Winter immer am neuen Hafenbecken geangelt, dort haben sich viele Fische gesammelt. Das dürfen wir nun leider nicht mehr. Früher gab es in der Ruhr viel mehr Aale und Fisch. Aber Krabben und Muscheln im Fluss zeigen, dass die Wasserqualität gut ist.“