Mülheim..

Familienfreundliches Unternehmen“ – schon zwölf Firmen hat das Mülheimer Bündnis für Familie mit dieser Ehrung ausgezeichnet. Zuletzt ging eine Urkunde Anfang Oktober an Siemens. Es bewegt sich offenbar einiges, doch Sandra Teske-Davidts, die zwei Kinder hat und seit längerem einen Job sucht, läuft nach eigener Schilderung gegen Wände. Sie vermutet: „Es geht auch anderen Müttern so.“

Eine Teilzeitstelle „als Sachbearbeiterin, Assistentin, Sekretärin“, darum bemüht sich die gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte, die mit ihrer Familie in Styrum wohnt, seit ungefähr einem Jahr beharrlich. 13 Jahre lang war sie in der Hauptverwaltung eines Handelskonzerns in Düsseldorf tätig, ehe sie eine betriebsbedingte Kündigung bekam, berichtet Sandra Teske-Davidts.

Schnell habe sie, damals Mutter eines Sohnes, einen anderen Job gefunden, sei aber während der Probezeit erneut schwanger geworden. „Sobald der Mutterpass abgegeben wurde, habe ich die Entlassung erhalten.“ Sie glaubt, dass dies der Grund war, gesagt habe man es nicht.

Beide Kinder sind ganztags betreut

Inzwischen ist für die Betreuung beider Jungs gesorgt. Der Siebenjährige besucht eine Ganztagsgrundschule, der Anderthalbjährige eine Kita, wo er einen 45-Stunden-Platz hat, während die Mutter Arbeit sucht. „Letzten Monat habe ich 110 Bewerbungen geschrieben, davor waren es 80“, sagt Sandra Teske-Davidts.

Bei großen Unternehmen und kleinen Betrieben, in Mülheim, Oberhausen, Herne oder Kaarst. In einer Kladde hat die 38-Jährige alle ihre Vorstellungsgespräche dokumentiert, sie blättert durch, kommt auf nahezu 40. „Ich war oft in der engeren Wahl. Aber dann hieß es plötzlich doch: ,Ach nee . . .’“

Theoretisch könnte dies unterschiedliche Gründe haben. Arbeitszeugnisse? Seien gut, sagt Sandra Teske-Davidts. Persönliches Auftreten? „Hierzu habe ich von Firmen oft gute Resonanz bekommen.“ Gehaltsvorstellungen? „Ich bin von meinem früheren Verdienst schon deutlich runtergegangen.“ Es müsse daran liegen, dass sie zwei Kinder zu Hause hat: „Viele Firmen scheuen sich wegen der unflexiblen Zeiten, die eine Mutter mit sich bringt.“

Ehemann kann im Notfall einspringen

Sogar eine Vollzeitstelle würde sie mittlerweile annehmen und ärgert sich über die in Gesprächen ständig widergekäuten Fragen: Wie oft sind Ihre Kinder krank? Wer betreut sie dann? „Das ist wirklich traurig.“ Dabei hätte Sandra Teske-Davidts notfalls sogar einen Ehemann, der von zu Hause aus arbeiten kann, und eine Oma in der Nähe.

Sie kritisiert: „Der Staat schreit, dass zu wenige Kinder auf der Welt sind, aber wie soll man das machen, wenn man danach keinen Job mehr bekommt? Ich will ja gerne arbeiten.“ Am heutigen Freitag habe sie wieder ein Vorstellungsgespräch in Meerbusch. Eine Teilzeitstelle, genau ihr Profil. Sandra Teske-Davidts ist gespannt.

Keine Arbeit, nur aufgrund der Kinder: Dieser Eindruck, den Sandra Teske-Davidts in letzter Zeit gewonnen hat, deckt sich nicht mit den Erfahrungen von Beate Steinmann, die als Beauftragte für Chancengleichheit bei der Arbeitsagentur Oberhausen auch für den Bereich Mülheim zuständig ist. Sie meint: „Wenn Arbeitgeber ,nein’ sagen, sind dafür immer auch noch andere Faktoren ausschlaggebend.“

„Flexibel und lernwillig zeigen“

Was Beate Steinmann allerdings immer wieder feststellt: „Firmen bieten nur dann Teilzeitstellen an, wenn es ihnen in den Kram passt.“ Häufig würden „betriebliche Gründe“ angeführt, um dieses eben nicht zu tun. Müttern oder Vätern, die dennoch wirklich nur Teilzeit arbeiten möchten, empfiehlt die Beraterin, sich „flexibel und lernwillig zu zeigen“ und beispielsweise bei Bewerbungsgesprächen anzubieten, für Urlaubsvertretungen oder Fortbildungen einige Wochen lang auf Vollzeit zu gehen.

Auch könne man Probearbeit leisten, „um sein Können unter Beweis zu stellen“ – für einen Zeitraum von maximal vier Wochen ist hierfür eine Förderung durch die Arbeitsagentur möglich.

Genereller Rat der Beauftragten für Chancengleichheit: „Man sollte in Vorstellungsgesprächen von sich aus ansprechen, wie die Kinderbetreuung etwa auch im Krankheitsfall geregelt ist, um dem Arbeitgeber hier auf die Sprünge zu helfen.“ Und wenn man schon anderswo als Mutter bzw. Vater kleiner Kinder erfolgreich gearbeitet hat, „sollte man das hervorheben“.