Mülheim..
Kevin Meyer hat sein berufliches Glück beim Speed-Dating gefunden. Nach vielen Bewerbungen und Absagen ergatterte der 21-Jährige einen Ausbildungsplatz bei HHS, einem Mülheimer Sanitär- und Heizungsbauunternehmen. Beim Chef-Dating, das von der Agentur für Arbeit veranstaltet wurde, trafen Kevin und HHS-Geschäftsführer Friedhelm Tschiersky aufeinander und verabredeten sich zum vierwöchigen Praktikum. Nun hat Kevin eine Lehrstelle. Arbeitgeber und Auszubildender sprechen über ungewöhnliche Wege bei der Jobsuche.
Nach der Fachoberschulreife wusste der damals 17-jährige Kevin nicht so recht, wo es beruflich hingehen soll. „Um erst einmal Geld zu verdienen, nahm ich einen 400-Euro Job als Bauhelfer an.“ Nach einem halben Jahr gingen der Firma die Aufträge aus – Kevin musste gehen. „Durch eine Berufsförder-Maßnahme bin ich an eine Lehrstelle in einem Discounter gekommen.“ Doch nach einiger Zeit merkte Kevin: „Das ist nichts für mich.“ Er brach ab. Da begann der Kreislauf aus Bewerbungen und Absagen. „Das war ganz schön frustrierend.“ Kaum eine Firma, bei der er sich bewarb, gab ihm ein Feedback, warum sie ihn nicht haben wollte. „Ich hätte mir zumindest einen Satz unter der Absage gewünscht.“
Nicht die besten Noten
Der Grund lag für Kevin aber auf der Hand, schließlich waren seine Noten nicht gerade die besten. Während der Schulzeit gab es eine Phase, in der er aus familiären Gründen absackte. „Doch in einer Bewerbung interessiert das niemanden – da zählen nur Noten.“ Gerne hätte sich Kevin im persönlichen Gespräch erklärt und Gründe genannt. Doch Chancen bekam er dafür keine. „Ich bin meiner Mutter dankbar, dass sie mich immer wieder angetrieben hat. Sonst hätte ich das ständige Bewerbungen schreiben nicht durchgehalten – und mich weiter hängen lassen.“
Erst beim Chef-Dating gelang es ihm, mit seiner Persönlichkeit zu punkten. Dabei lernen sich Chef und Bewerber im kurzen Gespräch kennen. Kevin bekam die Chance, ein vierwöchiges Praktikum bei HHS zu machen. In diesem arbeitete er auf Großbaustellen und in Privathaushalten. Das machte er so gut, dass ihm der Chef danach den Ausbildungsplatz anbot – zum Anlagenmechaniker in Sanitär, Heizungs- und Klimatechnik. „Es lohnt sich bei der Jobsuche nicht nur Bewerbungen zu schreiben, sondern auch ungewöhnliche Wege zu gehen“, weiß der 21-Jährige nun. „So kann man beweisen, dass man die Lehrstelle wirklich will.“
Der Arbeitgeber
Jedes Jahr bildet Friedhelm Tschiersky in seinem Unternehmen mit Sitz an der Hansastraße zwei Lehrlinge aus. Von 90 Bewerbungen, die auf seinem Schreibtisch landen, lädt er meist zehn Bewerber ein. „Diese müssen zunächst zum Eignungstest.“ Denn: „Die Noten in den Naturwissenschaften müssen stimmen“, sagt Friedhelm Tschiersky. Wer bei ihm lernen möchte, muss in Physik oder Technik aufgepasst haben – als Installateur ist nicht nur handwerkliches Geschick gefragt.
Ob ein Bewerber ins Profil passt, stelle sich dann im persönlichen Gespräch heraus. „Wie gibt er sich, wie offen und motiviert ist er – darauf achte ich“, sagt Tschiersky. „Natürlich kann man den jungen Menschen nur vor den Kopf gucken.“ Aber: „Tugenden wie Pünktlichkeit, Höflichkeit und Leistungsbereitschaft gehören schon dazu.“ Die Aussage, dass Jugendliche immer fauler werden, kann der Arbeitgeber nicht unterstützen. „Man kann als Ausbilder auch mal Pech haben und ein Lehrling bricht ab. Junge Menschen entwickeln sich eben noch stark.“ So haben es auch Arbeitgeber schwer, gute Leute auf dem Bewerbermarkt zu finden. Daher macht Tschiersky auch beim nächsten Chef-Speed-Dating mit und kooperiert auch mit dem U-25-Haus. „Man muss viele Wege beschreiten.“