Mülheim. .
Eigentlich hatte Dagmar Girling gar keine Chance irgend etwas anderes zu werden, als Wirtin: Gerade einmal vier Jahre war sie alt, als sie „Im Glöckchen“, der Kneipe ihres Großvaters in Mönchengladbach, ihr erstes Pils zapfte. Ob sich die Krone damals sehen lassen konnte, ist nicht überliefert.
Heute kann sie’s mit ordentlich Schaum und ohne – immerhin führt sie seit zwei Jahren einen Irish Pub in Mülheim – und auf der Insel mag man die Gläser ja gerüchteweise am liebsten randvoll. Mit ihrem Zapfhahn zog sie übrigens Anfang Juli um: Sie ist die neue Wirtin im Marktplatz, pardon, im „Mulinhems im Marktplatz“.
Den Gästen gerecht werden
Der Name zeigt die Symbiose, die Dagmar Girling an der Friedrich-Ebert-Straße eingegangen ist. Ihren bisherigen Pub, das Mulinhems Inn, und die alteingesessene Kult-Kneipe, den Marktplatz, will sie zusammenbringen und den jeweiligen Gästen gerecht werden – Guinness und Alt, St.-Patricks-Day- und Rosenmontagsparty in friedlicher Koexistenz.
Vor zwei Jahren eröffnete sie an der Heinrich-Melzer-Straße das „Mulinhems Inn“. Damit füllte sie nicht nur eine Marktlücke, denn laut Dagmar Girling gab es damals keinen anderen irischen Pub in der Stadt, sie folgte so auch (wieder) der Familientradition. Denn nicht nur der Opa, auch ihre Mutter hatte eine eigene Gaststätte. Zudem lebte Dagmar Girling mehrere Jahre in England und war somit prädestiniert, das britische Lebensgefühl an die Ruhr zu bringen. Doch dann wurde das Haus samt Pub verkauft und der Mietvertrag gekündigt, die 50-Jährige musste sich neue Räume suchen.
Marktplatz ein Sechser im Lotto
In der Innenstadt wollte sie auf jeden Fall bleiben, mehrere Objekte hatte sie im Auge, doch „der Marktplatz war natürlich wie ein Sechser im Lotto“. Immerhin sei die Kneipe „alteingesessen“ und bekannt, das mache vieles leichter. Doch eben weil der Laden mit einem Stammpublikum daher kommt, musste alles ganz schnell gehen: „Sonntag haben wir drüben Abschied gefeiert, Donnerstag habe ich hier eröffnet.“
Nur drei Tage blieben ihr, und so beschränkte sie sich auf den Austausch der Bierleitungen und gründliches Reinemachen. Die Einrichtung aus dunklem Holz ist geblieben und wird auch bleiben. Frische Farbe will die Mülheimerin noch an die Wände bringen und das traditionsreiche „Ocker 7“ gegen etwas Irischeres tauschen. Neue Bilder plant sie zudem aufzuhängen und damit die erste gravierende Änderung beim Wandschmuck zu ergänzen: In der Ecke hängt eine große Gladbach-Fahne – mit ausdrücklicher Zustimmung der Gäste, die laut der Nachfolgerin bisher von einem Schalke-Fan bewirtet wurden. Andere Fanclub-Fahnen sind übrigens willkommen – allerdings nur, wenn sie kleiner sind als die der Borussia.
Keine Änderungen, nur Erweiterungen
Dagmar Girling ist eben wichtig, alle zufrieden zu stellen. „Ich sage immer, es gibt keine Änderungen, nur Erweiterungen“, betont sie und nennt Beispiele: „Natürlich gibt es weiter den Frühschoppen an Heiligabend und die Partys an Altweiber und Rosenmontag. Aber zusätzlich feiern wir auch Halloween und St.-Patricks-Day.“ Die zwei Marktplatz-DJs hat sie behalten, dazu einen eigenen mitgebracht; auch Teile des ursprünglichen Personals hat sie übernommen.
Bald soll regelmäßig Livemusik spielen, den Auftakt macht am 27. Juli „The Robot Laughter Explosion“, eine Combo bestehend aus Forschern des Max-Planck-Instituts. Der Eintritt ist frei, der Hut geht rum. Zudem lädt sie an jedem ersten Donnerstag im Monat zur „Open Stage“, der offenen Bühne für jeden, „der meint, er kann Musik machen“.
„Beer-Tasting“
Insgesamt 30 Whiskey-Sorten hat Dagmar Girling im Sortiment, dazu unzählige britische Biere. Und damit die alteingesessenen Gäste auf den Geschmack kommen, lädt sie am zweiten Donnerstag im August zum „Beer-Tasting“ mit acht britischen Sorten. Doch keine Sorge, es wird keiner zum Guinness gezwungen. Die Stammgetränke für Eingeweihte, „Haie und Langusten“, werden weiterhin gemischt.
Große Pläne hat Dagmar Girling noch. Da an der Friedrich-Ebert-Straße die Küche fehlt und sie sich nun auf Kleinigkeiten, wie selbst gemachte Frikos und Sausage-Rolls beschränken muss, kann sie sich gut vorstellen, auch noch einen britischen Imbiss zu eröffnen. Dazu muss jedoch erst das Mulinhems im Marktplatz laufen. Die Zeit hat sie: „Ich bin jetzt 50. Ich habe noch keine Lust, mich auf die Rente vorzubereiten.“