Mülheim. .
Eurokrise und drohende Staatspleite Griechenlands hin und her – Mülheims Wirtschaft hat vorerst weiter stabilen Halt. Die Prognosen für die Zukunft sind zwar weniger euphorisch wie noch vor einigen Monaten. Doch von Beschäftigungsproblemen ist, wie eine aktuelle Firmen-Umschau der WAZ zeigt, derzeit nichts zu hören.
Beleg ist auch diese eine Zahl: Die Agentur für Arbeit hatte im Juni nur von vier Firmen aus Oberhausen und Mülheim Kurzarbeit für 39 Arbeitnehmer angezeigt bekommen. Auch im Juli, so Agentur-Sprecherin Katja Hübner, sei es in der hauseigenen Kurzarbeit-Beratung „ruhig. Es gibt wenig Nachfragen, gar nicht von großen Firmen.“
Für die Metall- und Elektro- sowie für die Stahlindustrie sieht auch die IG Metall aktuell keinen Grund zur Sorge. „Es gibt keine Auftrags- und Beschäftigungsprobleme“, sagt der Ortsbevollmächtigte Volker Becker-Nühlen. „Und ich sehe auch keine auf uns zukommen.“ Das Gros der Betriebe sei normal ausgelastet, manche Firmen hätten gar schon Planungssicherheit bis ins Jahr 2013 hinein.
„Wir sind auf Höhenflug“
Eine davon ist die Siebtechnik GmbH (Weseler Straße). „Wir sind auf Höhenflug“, bestätigt Geschäftsführer Karl Bongartz. Das Jahr 2011 habe bereits einen Umsatzrekord beschert, 2012 werde das Unternehmen, das am Stammsitz in Mülheim rund 240 Mitarbeiter beschäftigt, noch mal draufsatteln. Die Siebtechnik GmbH investiert zurzeit kräftig: In Tianjin im wichtigsten Auslandsmarkt China soll Ende des Jahres eine neue, dann eigene Produktionsstätte eingeweiht werden. Auch an der Weseler Straße soll eine neue Halle für die Endmontage von Zentrifugen entstehen. Die Verhandlungen für einen entsprechenden Grundstückszukauf laufen. Beide Investitionen komplett finanziert aus Eigenkapital, so viel zur wirtschaftlichen Potenz des 90 Jahre alten Familienunternehmens.
Europipe hat einen Großauftrag für 410.000 Tonnen Stahlrohre für eine Offshore-Leitung in Australien bereits vor Monaten „eine gute Basisbeschäftigung“ bis zum Frühjahr 2013 beschert, so Dr. Michael Gräf als Vorsitzender der Geschäftsführung. Kurzarbeit, die der Betrieb aufgrund eines abzubrechenden Großauftrags für den Mittleren Osten zum vergangenen Jahreswechsel habe fahren müssen, werde „zumindest nicht in diesem Jahr“ nötig.
Aussichten für 2013 eher negativ
Die Perspektiven für 2013 seien indes belastet durch die abgekühlte Stahlkonjunktur. „Eher zurückhaltend negativ“ sei die Erwartung, dies lasse sich insbesondere an den Auftragseingängen aus Westeuropa messen. Gräf hofft noch bei dem einen oder anderen Projektgeschäft mehr zum Zuge zu kommen. Dann könnten sich die Aussichten aufklaren.
Jan Borkenstein, stellvertretender Leiter der Industrie-Abteilung der IHK, erhofft sich von der nächsten Umfrage seiner Kammer Ende August Aufschluss über das Ausmaß einer etwaigen Verunsicherung. Im Moment sei für die heimische Wirtschaft festzustellen: „Die Lage ist stabil, auf grundsätzlich gutem Niveau.“ Neben der Euro-Krise sei für die Industrie auch die Energiewende ein Thema mit Unsicherheitsfaktor.
Friedrich-Wilhelms-Hütte will einsparen
Ein Thema der Friedrich-Wilhelms-Hütte. Der Eisen- und Stahlguss ist energieintensiv. So hofft Geschäftsführer Dr. Georg Stierle, dass die Investition in ein Software-Projekt für den Eisenguss im gewünschten Umfang zu einer Prozessoptimierung und entsprechender Energieeinsparung führt. Rund 1.500 Tonnen CO2 will die Hütte pro Jahr einsparen. Auch sie spürt die Unsicherheit auf den Absatzmärkten, Bestellzurückhaltung gebe es wegen ungeklärter, von der Bundespolitik zu setzender Rahmenbedingungen insbesondere im Segment der Offshore-Windenergie.
Auch im Maschinenbau registriert die Hütte allmählich, dass der Auftragseingang nachlässt. Kurzarbeit, so Stierle, sei aber kein Thema, auch weil die Öl- und Gasförderindustrie Ausrüstung nachfrage. Auch für die Hütte mit ihren 650 Mitarbeitern sei die wirtschaftliche Situation: „stabil bis gut“.