Mülheim.

Steffen Hilpert stammt aus dem Erzgebirge, wohnt derzeit irgendwo im Grünen zwischen Langenberg und Neviges und arbeitet am Flughafen Essen/Mülheim. Alles schöne Orte, sagt der Mann, der auch als Betriebsrat am Airport tätig ist und dort die Interessen der 15 Beschäftigten vertritt. Mit einem kann sich Hilpert in diesen turbulenten Wochen gar nicht abfinden: dass die Tage des Flughafens gezählt sein sollen.

„Hier ließe sich richtig Geld verdienen für die beiden Städte“, ist er überzeugt und erhebt Vorwürfe gegenüber der Politik, die ein Unternehmen ausbremst. Und in das Unverständnis mischt sich die Sorge um die Arbeitsplätze.

Zwei wichtige Entscheidungen stehen an

Zwei politische Entscheidungen werden die Geschicke des Flughafens in den nächsten Monaten prägen: Wird Geschäftsführer Reiner Eismann wegen der Dienstwagen-Affäre schon bald das Haus verlassen müssen? Und: Wie wird der politisch beschlossene Ausstieg aus dem Flughafen ablaufen bei gleichzeitigem Verbleib der WDL und des Aero-Clubs?

Während Mülheims Oberbürgermeisterin wegen der Dienstwagen-Affäre einen Termin für eine Sondersitzung des Aufsichtsrates noch in den Ferien sucht, die Grüne sich bereits Gedanken über einen Ausstiegsbeauftragten machen und die FDP dafür einen Luftfahrtmanager suchen möchte, berichtet Hilpert von nach wie vor rund 45 000 Starts und Landungen auf den Ruhrhöhen, bis zu 300 am Tag. Kleine Motorflieger und Hubschrauber verbergen sich vor allem dahinter, neuerdings auch vermehrt Ambulanz-Flüge. Die Nachfrage sei weiterhin groß, betont der Betriebsrat.

Fliegen ist ein teures Hobby

140 Flugzeuge sind in den Hallen untergestellt, mehr geht nicht. „Dabei bekommen wir jede Woche neue Anfragen“, sagt Hilpert. Ein Drittel der Maschinen sind Werksmaschinen von meist mittelständischen Unternehmen, über ein weiteres Drittel verfügen die Flugschulen, der Rest sei privat, was eher weniger werde. Fliegen ist ein teures Hobby geworden. Rund 700.000 Euro Minus im Jahr, das ließe sich deutlich reduzieren, hätte die Politik in all den Jahren mehr in Richtung Flughafen gedacht.

Dabei ist Hilpert überzeugt: Die riesige Lärmbelastung ist dieser Airport nicht. Jeder Anwohner einer großen Verkehrsstraße müsse da mehr aushalten. Das Netzwerk gegen Fluglärm macht da gegenteilige Erfahrungen.

Der Druck aus dem Rat der Stadt wächst

Doch der Zug für mehr Fliegen dürfte abgefahren sein. Nicht nur, dass es einen klaren politischen Beschluss gibt, viele Bürger sind auch die Hängepartie leid und die immer neuen Gutachten. Unsummen wurden dazu in den vergangenen Jahrzehnten ausgegeben. Aus den Fraktionen von CDU, FPD, Grünen und MBI, die das Aus beschlossen haben, wächst inzwischen der Druck, das vermutlich letzte Gutachten endlich in voller Gänze sehen zu dürfen. Auch das soll in diesem Sommer noch erfolgen.

Die CDU möchte zugleich die Dienstwagen-Affäre vollständig aufgearbeitet haben und will dabei auch die Rolle der Aufsichtsratsvorsitzenden und OB hinterfragen. „Anstatt wirklich aufzuklären, gibt es von der OB eine magere selbstschützende Distanzierung vom Flughafen-Chef“, beklagt Fraktionschef Wolfgang Michels. „Die Wahrheit muss umgehend auf den Tisch.“ Die FDP pocht auf die Unterscheidung zwischen Flughafengeschäftsführer und Flughafen. „Die Geschäftsführerfrage darf nicht mit Vermarktung, Bebauungsplan oder anderen Dingen in Verbindung gebracht werden“, sagt Fraktionschef Peter Beitz.

Ein Spätsommertheater auf den Ruhrhöhen

So dürfte den Mülheimern ein Spätsommertheater auf den Ruhrhöhen bevorstehen. Man ist es seit 30 Jahren gewohnt. Ob am Ende eine Lösung steht, wie das Areal für die nächsten Generationen genutzt werden kann? Zumindest in der jetzigen Form, mit allen Auflagen und Repressalien, meint Steffen Hilpert, sei das Flughafenareal eine vertane Chance.