Mülheim. .
Noch 2005 bilanzierte die Polizei: keine offene Drogenszene in Mülheim. Das hat sich längst geändert. Das Drogenhilfezentrum der Awo, zuständig für Abhängige von illegalen Drogen, betreut auch diese Suchtkranken. Awo-Geschäftsführerin Adelheid Zwilling kennt die Sorgen der Bürger und erklärt die Arbeit des Drogenhilfezentrums.
Wie ist die Strategie in der Stadt?
Adelheid Zwilling: Das Besondere ist: Wir gehen mit der offenen Szene kooperativ um. Die Zusammenarbeit der Awo mit Ordnungsamt, Polizei und der Szene ist gut.
Was bedeutet „offene Szene“?
Zwilling: Dass sich Drogenabhängige versammeln, um sich auszutauschen, vielleicht auch ein Bier zu trinken. Ein Treffpunkt für Leute mit Drogenproblemen. Offene Szene bedeutet nicht, obdachlos zu sein.
Warum trifft man sich denn überhaupt auf der Straße?
Zwilling: Man geht nicht in eine normale Kneipe – weil man vielleicht das Geld nicht hat oder dort nicht erwünscht ist.
Wie groß ist die offene Szene in Mülheim eigentlich?
Zwilling: Das können, bei gutem Wetter, so zwölf bis zu 20 Menschen sein. Das ist nicht genau definiert. Manche treffen sich ja auch in Wohnungen.
Nach wie vor ist es ein Problem, wo die offene Drogenszene geduldet wird. Wie ist die aktuelle Situation in Mülheim?
Zwilling: Früher war der beliebteste Treffpunkt ja der Rosengarten an der Ruhr, unterhalb des Rathauses. Durch die Ruhrbania-Baumaßnahmen war die Szene unter die Hochbrücke verlagert worden. Die Awo hatte damals die Idee, mit dem Drogenhilfezentrum die offene Szene dort anzubinden. Nachdem der Overfly abgerissen worden war, entstand das Problem, dass wir zunächst nicht wussten, wo sich unsere Kundschaft sammelt. Dass die sich zersprengt, ist nicht in unserem Interesse: Wir wollen präventiv und unterstützend arbeiten können, Infektionsgefahren minimieren und dafür sorgen können, dass Betroffene schnell in unser Hilfesystem kommen.
Wir haben im letzten Jahr gemeinsam mit Ordnungsamt und Polizei überlegt – auch mit Vertretern der Szene – wo ein Treff möglich ist. Es hat sich der Ort in der Nähe des „Schifferhauses“ angeboten.
Was nicht allen gefällt. . .
Zwilling: Wir wissen um das Problem, die Sorgen der Bürger, die sich an den Hunden, der Flasche Bier stören. Wir wissen auch um das Ansinnen, den Stadtteil Eppinghofen positiv zu gestalten. Wir wissen aber auch, dass die Leute irgendwo bleiben müssen.
Es sind Menschen, die abhängig sind, die Gründe hatten, in diese Abhängigkeit zu kommen. Die ihre Probleme anders nicht lösen konnten. Die Anbindung an eine Hilfeeinrichtung kann bedeuten, dass man sie unterstützen kann, da heraus zu kommen.
Gab es kritische Situationen?
Zwilling: Mir ist nicht bekannt, dass Anwohner oder Passanten gefährdet wurden. Die Leute wollen sich dort treffen und haben kein Interesse daran, aufzufallen oder zu stänkern. Aber nichtsdestotrotz weiß ich – und will das auch gar nicht schön reden – , dass es bei vielen ein Unwohlsein hervorruft.
Wie geht das Drogenhilfezentrum konkret mit den Sorgen der Bürger um?
Zwilling: Wir haben mit Anwohnern und Einrichtungen gesprochen und angeboten, dass jeder sich bei uns melden kann, dem etwas auffällt, der sich bedroht oder verängstigt fühlt. Wir hatten auch Zusagen von Vertretern der Szene, den Platz sauber zu halten.
Es wurde ja auch eine Mülltonne besorgt. . .
Zwilling: In einem öffentlichen Raum bleibt ja nichts festgenagelt, das ist ein Problem. Die Situation ist nicht ideal, das wissen wir alle.
Und wenn jemand beobachtet, dass gedealt wird?
Zwilling: Dann soll man die Polizei anrufen. Das ist ein Delikt, eine illegale Handlung. Auch wir rufen die Polizei, wenn wir das feststellen.
Welche Lösung wird denn für die offene Szene angestrebt?
Zwilling: Wir überlegen, einen anderen, weniger problematischen Ort zu finden, wenn der Ruhrbania-Bauprozess abgeschlossen ist.