Mülheim. . Cool mit Zigarette in der Hand war gestern: Die Zahl der rauchenden Jugendlichen hat einen neuen historischen Tiefstand erreicht. Die Suchttherapeuten bei Ginko in Mülheim nahmen den Weltnichtrauchertag zum Anlass, in einem Präventions-Parcours auch weiterhin für ein “Leben ohne Qualm“ zu werben.

Die Tendenz geht kontinuierlich abwärts, und selten hat ein Negativtrend Fachleute so begeistert: Rauchten 1979 noch 62 Prozent aller jungen Männer zwischen 18 und 25 Jahren, waren es im Jahr 2008 nur noch 42 Prozent.

Vier Jahre später hat die Zahl der rauchenden Jugendlichen einen neuen „historischen Tiefstand“ erreicht, wie Norbert Kathagen, Suchttherapeut bei Ginko, sagt. Doch es geht noch weiter nach unten: Den Weltnichtrauchertag am Donnerstag nahm das Ginko-Team zum Anlass, einen Präventions-Parcours im Medienhaus aufzubauen.

Gratwanderung

Der Kampf gegen das Rauchen ist eine Gratwanderung: Man muss früh genug mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen, aber nicht zu früh. Sonst schreckt man sie nicht ab, sondern macht sie neugierig. Deshalb richtet sich das Präventionsangebot „Leben ohne Qualm (loq)“ vor allem an Siebtklässler: „Das Einstiegsalter liegt momentan bei 13,7 Jahren.“ Auch das ist in den vergangenen Jahrzehnten leicht gestiegen.

Am besten ist natürlich, gar nicht erst mit dem Qualmen anzufangen. Das sehen immer mehr Jugendliche ebenso: 2008 gaben 39,1 % der Zwölf- bis 25-Jährigen an, noch nie geraucht zu haben. „Seitdem“, schätzt Norbert Kathagen, „ist das noch ein, zwei Prozentpunkte runtergegangen – ein historischer Höchststand.“

Beleg für das Umdenken

Die Zahlen sind für den Suchttherapeuten Beleg für das Umdenken der (jungen) Menschen, Beweis, dass Prävention wirkt. Ergebnis dessen sei letztlich auch der verschärfte Nichtraucherschutz. „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die geschaffen wurden, sind erst durch die geänderte öffentliche Meinung möglich geworden“, sagt Norbert Kathagen. Vor zehn Jahren, ist er sicher, hätte man dafür keine Mehrheit gefunden.

Stimmen zum Rauchen

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    Wichtiger Aspekt der Nichtraucherprävention ist, dem Rauchen das Coole zu nehmen, aufzuklären über Risiken, Folgen und dass es eben kein Genussmittel ist. „Genuss hat mit Abstinenz zu tun“, sagt Kathagen. „Wenn ich etwas 20 Mal am Tag mache, kann ich es nicht mehr genießen.“

    Körperliche Entgiftung dauert 2 Wochen

    Der Sozialarbeiter nennt Rauchen die am schwierigsten zu bekämpfende Sucht. Durchschnittlich braucht jeder Raucher sechs bis sieben Versuche, um die Zigarette endgültig auszudrücken. Mindestens 14 Tage dauert die körperliche Entgiftung, selbst bei Heroin seien es nur fünf Tage.

    Shisha und E-Zigaretten 

    Weiterhin angesagt ist bei jungen Leuten jedoch die Shisha. Viele Jugendliche, hat der Fachmann erfahren, sähen das nicht als echtes Rauchen an. Kein Thema sind bei Jugendlichen jedoch E-Zigaretten.

    "Danach hat mich noch keiner gefragt. Das ist eher was für Erwachsene", meint Kathagen und ist da bei jener Altersgruppe, die die guten Daten der Jugendlichen in der Gesamtstatistik wieder zunichte macht. Insgesamt gibt es in Deutschland 18 Millionen Raucher. Die meisten von ihnen sind zwischen 20 und 40 Jahre alt.

    Nur passiv rauchen

    Fast ist es, als hätte man ein unanständiges Wort gesagt. Die Frage „Raucht einer von euch?“ lässt die Siebtklässler kichern. Peinlich berührt rutschen sie auf ihren Stühlen herum, bis sich einer traut, zu antworten: „Nur passiv.“

    Klingt glaubwürdig. Die 13-Jährigen wirken nicht ertappt, sondern tatsächlich so, als wäre ihnen diese Unterstellung unangenehm. Es scheint, als müssten sie nicht mehr überzeugt werden, die Finger von den Glimmstängeln zu lassen. Doch eben das ist das Ziel des Ginko-Parcours’ „Leben ohne Qualm (loq)“, den Schulklassen gestern und am heutigen Weltnichtrauchertag im Medienhaus absolvieren.

    Altern durch Computersimulation

    Sechs Stationen sind es, und die Klasse 7a der Karl-Ziegler-Schule hat sich in sechs Gruppen aufgeteilt. Gleich der erste Stopp ist ein echter Schock: Ein Computerprogramm lässt Ruben altern. Ein aufgenommenes Foto wird verändert und aus dem 13-Jährigen ein 73-jähriger Raucher. „Krass!“, ist alles, was Ruben dazu einfällt. „So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Dass das solche Auswirkungen hat, hätte ich nicht gedacht.“

    Ein Quiz, ein Wörtersuchspiel, eine Cool-Bleiben-Station, die zeigt, dass man auch ohne Zigarette entspannen kann, ein Atem-Trainer und die „Schadstoffzigarette“, die die Inhaltsstoffe von Arsen bis Zimt verdeutlicht, sind weitere Stationen. Auch dort sind unter den Siebtklässlern keine Raucher zu finden.

    Nivasini etwa findet Rauchen „uncool“, und Justus sorgt sich um seine Gesundheit. Für Bastian ist das kein Argument. Er hat Raucher in der Familie und die seien gesund: „Angst vor Krankheiten habe ich keine, aber ich finde das zu teuer.“