Mülheim. . Mülheim will eine zentrale Anlaufstelle für die Kinderbetreuung schaffen. Das betrifft sowohl die kurz- als auch die langfristige Betreuung. In Braunschweig besteht bereits ein solches Angebot.

Die Stadt Mülheim möchte in Zukunft die Angebote für kurz- und langfristige Kinderbetreuung bündeln und eine zentrale Anlaufstelle schaffen. Das war das Ergebnis einer Gesprächsrunde im Gemeindesaal St. Elisabeth, zu der das Mülheimer Bündnis für Familie im Rahmen des bundesweiten Aktionstages eingeladen hatte.

So macht es Braunschweig: Als Gastreferentin beschrieb die Rechtsanwältin Sabine Petersen, wie die Problematik in ihrer Heimatstadt Braunschweig gehandhabt wird. 2006 wurde dort das lokale Familienbündnis ins Leben gerufen. Bis heute haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter einen Kreis von Betreuerinnen aufgebaut, die im Notfall innerhalb von einer Stunde in die Familie kommen. Etwa bei plötzlicher Krankheit des Kindes oder wenn ein Elternteil einen unerwarteten Berufstermin wahrnehmen muss. Die Betreuerinnen übernehmen auch Bringdienste. Viele Familien würden aber oft auf sogenannte „planbare Notfälle“ zurückgreifen. Ist ein Elternteil zum Beispiel auf einer Dienstreise und nimmt an einer längeren Besprechung teil, wird dennoch die Betreuung des Nachwuchses sicher gestellt. „Aber nur die Betreuung“, stellt Sabine Petersen sicher. „Wir mischen uns nicht in die Erziehung ein.“ In Zukunft wollen die Braunschweiger dieses Modell auch für pflegende Angehörige anbieten.

Die Meinung der Experten: Prof. Olga Hördt hat längere Zeit auf ein Au-pair-Mädchen zurückgegriffen. Zurzeit wird ihr bald zehnjähriger Sohn von einer Tagesmutter betreut. Ihre Meinung: „Man sollte nicht verharren, sondern nach Lösungen für die Betreuung suchen. Es gibt dafür genügend Angebote. Man muss aber aktiv werden“ Auch Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld hält das Thema für „keine unüberspringbare Hürde“. Familienfreundliche Unternehmen könnten ihrer Meinung nach ein Standortvorteil für Mülheim sein. Awo-Geschäftsführer Lothar Fink zeigte sich angetan von den Ausführungen von Sabine Petersen. Er möchte sein Unternehmen in Zukunft noch familienfreundlicher machen. Eine Umfrage unter der Belegschaft habe aber ergeben, dass zurzeit nur zehn Kinder für eine Betreuung während der Arbeitszeit der Eltern in Frage kämen. Die Awo beschäftigt in etwa 170 Mitarbeiter.

Anderer Meinung ist Dr. Dirk Albrecht, Geschäftsführer des St. Marien-Hospitals. „Erst wenn ein konkretes Angebot für die Betreuung vorliegt, wird man den wirklichen Bedarf feststellen“, sagt er. Für ein Krankenhaus wäre das genau das Richtige. „Denn wir müssen flexibel sein, wir haben viele Wechsel im Schichtsystem.“ Genau das möchte Albrecht aber in Zukunft gerne hinterfragen: „Wie viel Flexibilität dürfen wir verlangen? Frauen bleiben im Schnitt nur acht bis zehn Jahre im Beruf. Hätten wir ein besseres Betreuungsangebot, könnte sich diese Zahl nach oben verbessern.

Die Umsetzung: Im Laufe der Diskussion meldeten sich immer mehr Gäste zu Wort. Der Tenor: Auch in Mülheim gibt es schon verschiedene Angebote zur kurz- oder langfristigen Betreuung von Kindern. Die „mobilen Blitzmütter“ etwa werben damit, dass sie in Notfällen blitzschnell zur Stelle sind, um die Familien zu unterstützen. Der Unterschied zu Braunschweig liegt darin, dass die hiesigen Angebote wild verstreut und den meisten Familien gar nicht bekannt sind. Eine zentrale Anlaufstelle gibt es nicht. „Es ist schön zu sehen, welche Schätze es schon in unserer Stadt gibt. Diese sollten wir in Zukunft bündeln“, sagte die Oberbürgermeisterin und forderte: „Es muss für Kinderbetreuung eine zentrale Struktur geben und nicht nur einzelne Bausteine.“