Mülheim. Die Polizei stoppte Taxen und andere Autos in der Fußgängerzone und machte sich damit nicht nur Freunde.

Fußgängerzone. Das Wort sagt es schon. Hier haben Autos nichts zu suchen. Doch in der Fußgängerzone zwischen Schloßstraße und Leineweberstraße funktioniert diese Regel seit ihrer Einrichtung in den 70er Jahren nur mit Ausnahmen. Zwischen 6 und 11 Uhr sowie zwischen 14 und 15 Uhr dürfen die dortigen Geschäfte per LKW beliefert werden.

Müssen geh- und sehbehinderte Patienten per Taxi zu einem Arzt in die Fußgängerzone gebracht werden, dürfen Taxifahrer passieren. Wie Stadtsprecher Volker Wiebels bestätigt, gibt es seit Jahren ein „Gentlemen Agreement“, also eine Vereinbarung, die nicht auf Verträgen und Vorschriften, sondern auf dem guten Willen und der Einsicht aller Beteiligten beruht, um diese sinnvolle Ausnahme von einer ebenso sinnvollen Regel möglich zu machen.

Taxifahrer angehalten

Doch wie Taxiunternehmer Klaus-Dieter Fleskes und Hans-Rainer Glahn von der Taxizentrale Call Cars berichten, wurden ihre Fahrer am Mittwoch und Donnerstag angehalten und an der Weiterfahrt zu Arztpraxen gehindert. Fleskes weiß von einem Fahrer, dass er deshalb ein Ärztehaus an der Leineweberstraße nicht erreichen konnte, um dort, wie vereinbart, einen Patienten abzuholen.

In zwei weiteren Fällen sollen Fahrer kurz vor dem Erreichen einer Augenarztpraxis an der Schloßstraße gestoppt worden sein, so dass die Patienten aussteigen und die letzten Meter zur Praxis zu Fuß gehen mussten. Eine Mitarbeiterin dieser Augenarztpraxis berichtet von einer gehbehinderten Patientin, die aufgrund des polizeilich veranlassten Taxistopps von Kollegen bis zur Alten Post begleitet werden musste, um dort in das bestellte Taxi einsteigen zu können.

Bußgeld für regelwidriges Verhalten

Klaus Dieter Fleskes sagte aufgrund der Vorfälle 15 bis 20 Arztfahrten in die Fußgängerzone vorsorglich ab. „Das hat mich bestimmt 250 Euro gekostet“, kalkuliert der Taxi-Unternehmer. Fleskes und Glahn schätzen, dass sich täglich zehn bis 25 Patienten per Taxi zu ihren Ärzten an der Leineweber- und Schloßstraße fahren lassen. „Das haben wir doch alles schon mit dem Ordnungsamt und der Polizei durchdiskutiert. Wo ist das Problem? Wenn jemand in der Fußgängerzone zu schnell fährt und sich nicht an die Verkehrsregeln hält, spricht doch nichts dagegen, Leute vom Ordnungsamt dort hinzustellen und von den Verkehrssündern 20 oder 30 Euro Bußgeld zu kassieren.“

Polizeisprecherin Tanja Hagelücken bestätigt die Kontrollen. Zwei Beamte hätten am Mittwoch und Donnerstag, jeweils zwischen 12 und 13 Uhr, insgesamt 16 Fahrer angehalten und mit ihnen Gespräche geführt. „Dabei handelte es sich aber nicht nur um Taxi-, sondern auch um Zulieferverkehr“, betont Hagelücken. In zwei Fällen endete das Gespräch mit der Polizei mit einem Bußgeld für regelwidriges Verhalten.

Polizei weiß nicht von "Gentlemen Agreement"

Von einem Gentlemen Agreement für Ärztefahrten in die City weiß die Polizeisprecherin nichts, will aber auch nicht ausschließen, dass eine solche Vereinbarung früher getroffen worden sein könnte.

Eine Frage der Perspektive

Auf Bürokraten und Beamte zu schimpfen, gehört an manchen Stammtischen zum guten Ton. Frei nach dem Motto: „Ich habe nichts gegen Beamte. Die tun ja nichts.“ Doch kaum tun Polizeibeamte mal was und zeigen Autofahrern in der City, was eine Fußgängerzone ist, ist es vielen auch wieder nicht Recht. Als Fußgänger ärgere ich mich regelmäßig über rücksichtslose Auto- und Radfahrer, die die Fußgänger ohne Rücksicht auf Verluste zu ihrer Rennstrecke machen. In solchen Situationen würde ich mir manchmal schon einen Polizisten mit einem dicken Bußgeldblock herbei wünschen.

Doch auch ich war schon darauf angewiesen, mit einem Taxi in der Fußgängerzone vorgefahren zu werden und habe mich über rücksichtsvolle Fußgänger gefreut, die zur Seite gingen, um das Taxi passieren zu lassen. So schnell können sich die Perspektiven als Verkehrsteilnehmer ändern. Was bleibt, ist die Einsicht, dass wir Verkehrsteilnehmer und Ordnungshüter brauchen, bei denen die Rücksicht und der maßvolle Blick auf den Einzelfall Vorfahrt haben. Denn nicht nur in der Fußgängerzone fährt unser Rechtsstaat nur dann gut, wenn er nicht nur die Buchstaben, sondern auch den Geist des Gesetzes beachtet.

Hagelücken geht davon aus, dass es Taxifahrten in der Fußgängerzone nur mit einer Sondergenehmigung der Stadt möglich ist.

„Es gibt keine Sondergenehmigung, sondern nur das besagte Gentlemen Agreement, an das wir uns auch weiterhin halten werden“, sagt dagegen der Stadtsprecher Volker Wiebels.

Er macht aber auch deutlich, dass diese Vereinbarung nicht für Taxifahrten zum Stammlokal oder für Geld und Zeit sparende Abkürzungen gilt, die die Fußgängerzone von Schloßstraße und Leineweberstraße auf diesem Umweg zu einem Schlichweg machen würde, was im Sinne der Fußgänger ganz sicher alles andere als gentlemenlike wäre.