Mülheim. MultiMedia könnte nun auch das Droschkenwesen revolutionieren und Abgaben für teure Taxi-Zentralen überflüssig machen.

Ich glaub, ich nehm lieber ein Taxi. Kannst du mal anrufen?“ Ein Bitte, die wohl jedem Gastgeber schon mal gestellt wurde. Wird ein Taxi gebraucht, ruft man eine Taxizentrale an und die schickt dann einen Wagen. Doch im Zeitalter der Smartphones heißt das neue Zauberwort „App“. Das sind spezielle Programme fürs Handy. Und so eine App gibt es inzwischen auch in zahlreichen Städten fürs Taxi. „MyTaxi“ heißt sie und sie umgeht die Taxizentralen.

Mit einem Klick

„MyTaxi ist die Eins-zu-eins Verbindung zwischen Fahrgast und Fahrer“, wirbt Johanna Meyer-Staude aus der MyTaxi-Marketingabteilung für das Produkt. Voraussichtlich ab dem Sommer soll die App auch in Mülheim und Umgebung funktionieren.

Und das geht so: Die App gibt es kostenlos für iPhone, iPad, iPodTouch und Android-Smartphones. Wer sie heruntergeladen hat, soll mit einem Klick ein Taxi bestellen können. Die Bestellung kommt bei Fahrern in der Umgebung an – wiederum auf deren Smartphone, das mit einem speziellen Programm ausgestattet ist.

Nimmt der Fahrer den Auftrag an, erhält der Fahrgast über ihn Informationen, zum Beispiel den derzeitigen Aufenthaltsort des Fahrers, seinen Namen und Bewertungen anderer Fahrgäste. Der Fahrer erhält die entsprechenden Daten des Kunden und natürlich dessen Aufenthaltsort. Denn über den GPS-Empfänger des Smartphones weiß die App genau, wo sich der Kunde gerade aufhält. Pro Auftrag zahlt der Taxifahrer 79 Cent an MyTaxi.

Taxen: ein großer Markt

Laut der Internet-Enzyklopädie Wikipedia gibt es in Deutschland 180 000 Taxifahrer. Die Zahl der Taxen liegt bei etwa 50 000. In Mülheim sind 108 zugelassen. Dem Unternehmen Intelligent Apps GmbH zufolge, zu dem MyTaxi gehört, haben sich über 7000 Fahrer in Deutschland und Österreich angemeldet. Seit März 2010 habe es in Deutschland über 900 000 Downloads gegeben. Das Angebot besteht derzeit vor allem in Großstädten wie Berlin, Frankfurt oder Hamburg. Ab Mitte Februar soll der Service auf Barcelona und Zürich ausgeweitet werden. Großkonzerne wie Daimler und Deutsche Telekom sind mit zehn Millionen Euro an der Hamburger Betreiberfirma Intelligent Apps beteiligt.

„Live am Handy kann dann auf einer Karte verfolgt werden, wo das Taxi ist und man kann sehen, wann genau es eintrifft“, so Meyer-Staude. Weitere Funktionen ermöglichten es, vorab den Fahrpreis zu berechnen oder Extrawünsche anzugeben: ein Großraumtaxi zu bestellen oder eines mit Kindersitz. Als Konkurrenz zu den klassischen Taxizentralen sieht sich das Unternehmen nicht. „Wir sind eher eine Alternative.“

Keine Sorge bei Taxi-Unternehmern

Dies sieht, jedenfalls auf mittlere Sicht, auch der Taxi-Unternehmer Klaus Dieter Fleskes so, an dessen Zentrale 32 Wagen angeschlossen sind. „Nur mit dieser App allein kann kein Taxiunternehmer überleben“, glaubt Fleskes. Das Angebot sei doch noch sehr dünn. „Von einer flächendeckenden Erreichbarkeit kann noch längst keine Rede sein.“ Auf der anderen Seite sieht er aber auch Gefahren für die Zentralen: „Wenn denen 10 bis 20 Prozent ihrer Mitglieder kündigen, dann wird’s finanziell ganz schwierig.“

Was kostet denn so eine Mitgliedschaft? „Bei uns sind es 460 Euro pro Wagen und Monat“, sagt Hans-Rainer Glahn, der mit über 50 Fahrzeugen größten Funkzentrale am Ort. Darin inbegriffen seien auch die Kosten für die Funktechnik, einen Betriebsarzt sowie die Abrechnung sogenannter Krankenfahrten mit der Krankenkasse. Glahn hält Mytaxi nicht für besonders kundenfreundlich: „Wer sagt mir denn, dass der Fahrer, der sich meldet, nicht schon einen Fahrgast hat, den er erst mal an sein Ziel bringt?“ Er jedenfalls mache sich über Mytaxi keine Gedanken.

Einheitliche Nummer

Gut fände es Glahn, wenn es bundesweit eine einheitliche Telefonnummer gäbe. So wie bei den Rufnummern von Polizei oder Feuerwehr. Die kennt man und muss nicht erst im Telefonbuch suchen. Das Problem: Es gibt nicht nur eine Zentrale. Allein in Mülheim gibt es ein halbes Dutzend.

„Man müsste sie zu einer zusammenlegen“, so Fleskes. Der Vorteil für die Unternehmer: „Die monatliche Mitgliedsgebühr pro Wagen könnte auf deutlich unter 300 Euro gesenkt werden“. Doch die Aussicht, dass es einmal dazu kommt, schätzt er als äußerst gering ein. Warum? „Weil keiner nachgeben will. Erst wenn man finanziell nicht mehr klar kommt, passiert was.“