Mülheim.
E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Liquids dürfen nun doch wieder verkauft werden. Mit dieser Einstweiligen Anordnung des OVG Münster hat sich der Wind für Händler und Kunden erneut gedreht. Auch in Mülheim, wo das durch die Landesgesundheitsministerin ausgesprochene Verbot strikt weitergegeben worden war.
Die für Essen, Oberhausen und eben auch für Mülheim zuständige Amtsapothekerin war eine der ersten im Land, die Ende Januar den Erlass von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens zum Anlass nahm, um die Händler von E-Zigaretten aufzufordern, nikotinhaltige Liquids aus ihrem Sortiment zu nehmen. Bei Zuwiderhandlung wurde mit dem Einschalten der Staatsanwaltschaft gedroht.
Gegen Händler wurde nur nach Hinweis aus der Bevölkerung vorgegangen
Allerdings wollte die Amtsapothekerin nicht aus eigenem Antrieb gegen die Händler vorgehen, die in der City deutlich warben, sondern nur nach Hinweisen aus der Bevölkerung. Einen einzigen gab es, der einen Mülheimer Laden betraf, erklärt Renate Kusch, Sprecherin der Stadt Essen. „Wir haben den Verstoß aber nicht geahndet und die Sache ordnungsrechtlich nicht weiter verfolgt.“
Nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster am Montag der Gesundheitsministerin höchstrichterlich die Warnung vor der E-Zigarette untersagt hat, nahm die Amtsapothekerin ihre über die Medien verbreitete Mitteilung aus dem Internet zurück. Die Stadt Mülheim zog mit etwas Verspätung nach: Sie hatte am 27. Januar auf ihre Homepage eine gleichlautende Warnung des örtlichen Gesundheitsamtes gesetzt: „Nikotinhaltige Liquids verboten!“ Händler und Apotheken sollten den Verkauf einstellen, „um Sicherstellungen und Untersagungsverfügungen zu vermeiden“. Gestern Mittag wurde dieser Verbotshinweis von der Website genommen.
Nikotinhaltige Liquids unterliegen weder Arzneimittelgesetz noch Medizinproduktegesetz
Die Münsteraner Richter hatten in ihrer mündlichen Begründung klar gemacht, dass nikotinhaltige Liquids weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz unterliegen und demnach frei verkäuflich sind.
Für Rainer Schmitz, der an der Schloßstraße in der Mülheimer City knapp drei Monate lang einen E-Zigaretten-Handel betrieb, kommt diese gerichtliche Klärung zu spät. Das Geschäft wurde am 4. April geschlossen (wie berichtet) und ist inzwischen geräumt. Schmitz lässt gerade juristisch prüfen, ob Schadenersatzforderungen aussichtsreich sind. In einem Rechtsstreit mit einem Ministerium stelle sich auch die Frage, wer den längeren Atem habe, sagt er.
Für ihn und seine Geschäftspartner, die unter dem Namen „Elerette“ noch drei Läden in Duisburg, Krefeld und Neuss betreiben, geht es immer noch um die wirtschaftliche Existenz. „Wir wissen nicht, ob wir aus dem Strudel rauskommen.“ Derzeit überlegen sie, ob sie ihr Geschäft in Krefeld schließen müssen. „Durch die Irreführung ist das Vertrauen der Kunden zerstört worden.“
"Viel Schaden zugefügt"
Größeres Durchhaltevermögen will Nail Isen beweisen, der einen Kiosk in Duisburg betreibt und seit November 2011 die „esmoker-area“ in Speldorf. Nach seiner Aussage war dies der erste E-Zigaretten-Laden auf Mülheimer Boden, und es gibt ihn noch. „Der Erlass des Gesundheitsministeriums hat uns viel Schaden gebracht“, sagt Isen, „wir hoffen, dass es jetzt wieder aufwärts geht.“
Ein offizielles Schreiben der Stadt, dass der Verkauf fortan verboten sei, hätten sie nie erhalten, ergänzt Mitarbeiterin Semra Tekeli. „Aber niemand kam mehr, selbst Stammkunden nicht. Dabei hatten wir bis Januar Riesen-Umsätze.“ Davon seien sie nun weit entfernt, aber „seit Dienstag geht es wieder aufwärts“. Das Team der „esmoker-area“ ist entschlossen, den Verkauf auch nikotinhaltiger Liquids fortzusetzen. „Solange keiner kommt und sagt: Ihr müsst schließen.“