Mülheim. Angebot aus Dümpten soll Senioren die Scheu vor dem Internet nehmen, indem sie Schülern über die Schulter gucken.
E-Mails abrufen, online einkaufen, Bankgeschäfte erledigen oder schnell nachsehen, welcher Kinofilm gerade läuft: für viele ist ein Leben ohne das Internet gar nicht mehr denkbar. Doch es gibt auch das genaue Gegenteil. Besonders für ältere Menschen ist das Internet eine ganz neue und unbekannte Welt. Sie schreiben und bekommen Briefe, gehen in Geschäfte, wenn sie etwas brauchen und zur Bank, um Geld zu überweisen.
„Wir haben gemerkt, das PC-Zeitalter ist jetzt wirklich da“, sagt Karin Medenblik-Bruck, stellvertretende Vorsitzende des Seniorenclubs Dümpten. Deshalb sei es an der Zeit, Senioren wachzurütteln, sich endlich mit dem World Wide Web auseinander zu setzen. Ein Grund, warum sich der Seniorenclub ein „Internetcafé der besonderen Art“ ausgedacht hat. Hier sollen Senioren von Schülern der Schule am Hexbachtal lernen, was im Internet alles möglich ist. „Die Senioren haben unheimliche Ängste“, so Medenblik-Bruck. Sie mit dem Internet vertraut zu machen sei schwieriger als gedacht.
Laptop zum Spielen
Hört man den vier Senioren zu, die dienstags zum Internetcafé mit den Hauptschülern kommen, dann weiß man, was sie meint. „Ich habe drei Söhne. Wenn ich zum zweiten Mal etwas frage, dann schnauft der eine. Und dann fragt man nicht mehr“, erzählt Gisela Abendroth, die erst vor acht Wochen in Rente gegangen ist. In einem Lotto-Geschäft hat sie gearbeitet und ist auch im Besitz eines Laptops. Doch den verwendet sie bisher nur zum Spielen.
Nun sitzt sie neben Schüler Oguzhan und erklärt ihm gleich eines ihrer größten Probleme: „Ich kann kein Englisch.“ Da die 72-Jährige nicht genau weiß, wonach sie suchen möchte, zeigt er ihr zunächst YouTube, die Plattform für Video-Clips im Internet. „Hier können Sie sich Videos angucken, von Liedern zum Beispiel.“ Gisela Abendroth guckt noch, da hat Oguzhan schon weitergeklickt. Er will ihr Haus auf Google Earth suchen.
Senioren wollen online „Verwandte und Bekannte suchen“
Ihnen gegenüber sitzen Ludgerus Katemann (70) und Rolf Dickmann (74) und schauen ihrem 15-jährigen Lehrmeister Jerome über die Schulter. Sie wissen zunächst genau, was sie suchen: Fußball. Es geht zur Internetseite des MSV Duisburg. Fußball im Internet gucken fänden beide spannend. Und Ludgerus Katemann würde sich gerne einen Ahnentafel erstellen - wie viele der anderen Senioren auch.
Der Seniorenclub hat vorab eine Umfrage gestartet und die Senioren gefragt, was sie im Internet machen möchten. Die meisten antworteten „Verwandte und Bekannte suchen“. Und Ludgerus Katemann findet mit Jeromes Hilfe zumindest das Haus seines Sohnes bei Google Earth.
Teil des Wahlpflichtunterrichts
Deutlich weiter ist Gerd Fürbach. Er war schon beim ersten besonderen Internetcafé dabei und sucht für ein anstehendes Klassentreffen die Adressen seiner 48 ehemaligen Klassenkameraden. Marcel hilft ihm, sich im Internet zurecht zu finden. Für Marcel ist diese Unterrichtsstunde Teil des Wahlpflichtunterrichts an der Schule. Warum er sich dafür gemeldet hat? „Mich hat es interessiert.“ Alle Klassenkameraden wieder zu finden entpuppt sich jedoch als nicht ganz einfach. Im Internet gefunden werden könne eben nur derjenige, der dort auch Spuren hinterlassen hat, so erklärt es Lehrerin Stephanie Scholz. Marcel versucht immer wieder, den verloren gegangenen Kameraden zu „googeln“ (suchen im Internet). Doch den MP3-Player in der Hand wirkt er nicht immer so, als wäre diese Suche auch für ihn spannend.
Internetcafé-Termine
Das „besondere Internetcafé“ veranstaltet der Seniorenclub Dümpten hauptsächlich für die eigenen Mitglieder. Doch auch Senioren, die nicht Mitglied sind, dürfen teilnehmen. Das Internetcafé ist kostenlos, aber um eine vorherige Anmeldung wird gebeten unter 754333. Außerhalb der Ferien treffen sich die Senioren und Schüler jeden Dienstag von 11.30 bis 12.30 Uhr in der Frintroper Str. 7a.
Einen Laptop weiter schauen sich Oguzhan und Gisela Abendroth gerade Kaffeemaschinen bei Ebay an. Endlich hat Oguzhan eine Internetseite gefunden, die seine Schülerin richtig spannend findet. Als es auf eine Spielewebseite geht, nimmt sie ihm die Computermaus aus der Hand und klickt selber. Dabei sei es durchaus Absicht, dass die Senioren beim Internetcafé nur zusehen. „Das soll zeigen, dass es relativ einfach ist im Internet und erstmal das Interesse wecken“, erklärt Karin Medenblik-Bruck.
"Die Jungs bleiben ganz ruhig."
Ohne Frage, die drei Jungs, die hier an den Laptops sitzen, sind flink an Tastatur und Maus. Für die Senioren hingegen ist es aufregend. „Ich werde da schnell rappelig“, gibt Rolf Dickmann zu. „Die Jungs bleiben ganz ruhig.“ Für das nächste Mal hat er sich vorgenommen, sich ganz genau zu überlegen, was er im Internet gerne suchen würde. Jerome kann sich auf einen lernwilligen Schüler freuen.