Mülheim. .
Früher, vor 50, 60 Jahren, war das Baden in der Ruhr noch eine Selbstverständlichkeit. Der Ruhrstrand in Saarn war damals stark frequentiert – von Sonnenhungrigen, Campingfreunden, Paddlern, Seglern und natürlich Schwimmern. Heute ist das Schwimmen in der Ruhr verboten – aus hygienischen Gründen.
Ob das Badeverbot so pauschal immer und überall gelten muss, wird ein wissenschaftliches Projekt ergründen, das heute unter der Federführung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wasserforschung (IWW) beginnt: Die Mülheimer Wasserexperten werden – mit Kollegen des Ruhrverbands und acht weiteren Partner-Institutionen, darunter die Unis Bochum und Duisburg/Essen – drei Jahre lang untersuchen, welche Keime und Krankheitserreger zu welchen Zeiten ein Risiko für die Badenden darstellen. Oder eben auch nicht. „Das Ende des Projektes wird nicht sein, dass eine Badeanstalt eingerichtet wird“, bringt es Dr. Wolf Merkel, Technischer Geschäftsführer des IWW, humorvoll auf den Punkt.
Badeverbot in der Ruhr ist die Regel
Das Badeverbot in der Ruhr ist keine Ausnahme, sondern eher die Regel. „In allen größeren Fließgewässern ist das Baden nicht gestattet“, so Merkel und erklärt auch, warum: Krankheitserreger können auf verschiedenen Wegen in die Ruhr gelangen – aus Regenüberlaufbecken, aus Kläranlagen, von der Gülle, die starker Regen aus den Feldern spült, und nicht zuletzt aus dem Kot von Wasservögeln. Die Belastung der Ruhr nimmt von der Quelle bis zur Mündung zu, und die Forscher haben sich entschlossen, ihren Untersuchungsschwerpunkt an den Baldeneysee in Essen zu legen, in der Höhe des ehemaligen Freibads Baldeney, das heute ein Licht- und Luftbad ohne Bademöglichkeit ist. „Dort kann man“, so Merkel, „alles zeigen und messen, was für die Bewertung notwendig ist.“ Vor und hinter dem Baldeneysee, in Hattingen und in Kettwig, werden weitere Probeentnahmestellen liegen.
Es soll untersucht werde, ob es überhaupt hygienische Voraussetzungen dafür gibt, das bestehende Badeverbot zumindest zeitweise aufzuheben. Es geht den Mikrobiologen um eine wissenschaftliche Risikobewertung der Schadstoffe und Erreger, deren Konzentration eben nicht immer gleich hoch ist: „In der Trockenzeit und bei mittlerer Fließgeschwindigkeit gibt es Zeitfenster, bei denen die Grenzwerte für die EU-Badegewässerrichtlinie unterschritten werden“, erklärt Wolf Merkel. Der Haken an der Sache: Die Werte hängen von Witterungsbedingungen ab. Wenn Starkregen in Bochum den Boden aufwühlt, nimmt die Bakterien-Belastung der Ruhr dort schnell wieder zu, die ja dann weiter Richtung Baldeneysee fließt. Man braucht also eine Art Frühwarnsystem, um risikofreies Baden vielleicht auch nur stundenweise erlauben zu können. Keine Aufgabe, die mal eben mit ein paar gezogenen Wasserproben zu erledigen wäre. „Sichere Ruhr: Badegewässer und Trinkwasser für das Ruhrgebiet“ heißt das ganze Projekt, das vom Bundesforschungsministerium mit 3,1 Mio Euro gefördert wird.
Hochwasser an der Ruhr 2010
