Mülheim. Wie die Menschen in Mülheims Partnerstädten das Frohe Fest feiern.

Andere Länder, andere Sitten. Beate Kamleiter, die durch eine Bürgerfahrt nach Darlington zum Städtepartnerschaftsverein stieß und seit drei Jahren in dessen Vorstand die Kontakte mit der nordenglischen Partnerstadt koordiniert, weiß, dass das Weihnachtsfest auch in Darlington durch den Magen geht. Dafür sorgt vor allem ein flambierter Christmas Cake mit Früchten, Brandy, Marzipan und Puderzucker, der jedes Festmenü krönt. Eingeläutet wird der Heilige Abend, so wie in Deutschland, mit einer Christmette. Beschenkt werden die Lieben daheim aber erst am ersten Weihnachtstag, während der zweite Weihnachtstag als Boxing Day genutzt wird, um die hoffentlich lieben Nachbarn, mit einem kleinen Geschenkpäckchen zu erfreuen. Die Geschenke für die lieben Kleinen werden der Legende nach nicht vom Christkind, sondern vom Santa Claus gebracht, wenn er denn durch den Kamin kommt.


Deutsche singen mehr als Franzosen

Mülheims Verbindungsfrau in Tours, Eliane Lebret, überrascht uns nicht wirklich mit der Nachricht, dass die Franzosen auch an der Loire beim Fest besonderen Wert aufs Festessen legen. Bevorzugt serviert werden zum Beispiel gefüllte Gänse oder Truthähne, Leberpastete, geräucherter Lachs und Muscheln. Und zum Nachtisch gibt es eine Vanillecreme mit Sahne, Schokolade und Kaffee. Zu Risiken und Nebenwirkungen für ihr Körpergewicht befragen Sie ihre Waage besser nicht. „Die Deutschen singen zu Weihnachten mehr als die Franzosen. Außerdem haben wir in Frankreich keinen Adventskranz“, berichtet Lebret. Dafür kommt der Christbaum, ob in Form einer natürlichen oder künstlichen Tanne, bereits Mitte Dezember gut geschmückt in die französischen Wohnstuben. Mehr Zeit lassen sich die Franzosen dagegen mit ihren Festtagsgrüßen. Die kommen nicht zu Weihnachten, sondern erst im Januar als Neujahrsgrüße ins Haus. Dabei fallen die Weihnachtsfeiertage in Tours kürzer aus als in Mülheim. Denn am 26. Dezember wird schon wieder gearbeitet.


Weihnachtskarpfen in Polen

Für Mülheims polnische Partnerstadt Oppeln ist beim Städtepartnerschaftsverein der aus Oberschlesien stammende Adam Wagemann zuständig. Er weiß, dass dort der Weihnachtskarpfen ebenso zum Frohen Fest gehört wie das Amen in der Christmette. In Erinnerung an die zwölf Apostel besteht ein traditionelles Weihnachtsmenü in Polen aus zwölf verschiedenen Speisen. Fleisch kommt aber erst am ersten und zweiten Weihnachtstag auf den Tisch. Als Festtagsnachtisch gibt es einen Brei aus Mohn, Rosinen, Honig, Nüssen und Milchbrötchen. In Erinnerung an verstorbene oder ferne Verwandte bleibt ein gedeckter Platz am Festtagstisch immer frei. Außerdem wird mit Blick auf die Krippe im Stall von Betlehem etwas Stroh unter die Tischdecke gelegt.


Juden feiern Chanukkafest

Gerhard Bennertz, Mülheims Mann für die Kontakte mit Kfar Saba, weiß zu berichten, dass man auch in der israelischen Partnerstadt jetzt nicht nur das jüdische Chanukkafest, sondern auch Weihnachten feiert, und zwar in der Messianischen Gemeinde von Kfar Saba. Deren Mitgliederzahl schätzt Bennertz auf etwa 200 Personen. Sie sind, so wie der Jude Jesus von Nazareth, im Judentum verwurzelt, glauben aber im christlichen Sinne daran, dass Jesus von Nazareth der eingeborene Sohn Gottes und der Messias ist. „Weihnachten wird in Kfar Saba natürlich nicht so pompös gefeiert wie bei uns“, betont Gerhard Bennertz. Auch Weihnachtsgeschenke, gibt es dort, wenn überhaupt, nur in kleiner Form. Der Konsumrausch geht also an Kfar Saba vorbei. Das gilt natürlich auch für das jüdische Chanukkafest, das vom 21. bis zum 28. Dezember mit täglichen Gottesdiensten gefeiert wird und an die Errichtung des zweiten Tempels in Jerusalem erinnert. Jeweils bei Sonnenuntergang wird an den Chanukkatagen eine Kerze entzündet. Am Ende des Chanukkafestes brennen dann acht Kerzen, die auf einem achtarmigen Leuchter stehen.


Weihnachten ist in Finnland Partyzeit

Die nördlichste Partnerstadt Mülheims liegt seit 1972 in Finnland. Axel Benzinger, der für den Städtepartnerschaftsverein die Kontakte mit Kuusankoski organisiert, das inzwischen in Kouvola aufgegangen ist, hat sich bei dem dortigen Deutschlehrer Mikka Rikkala schlau gemacht, wie es in Kouvola und Kuusankoski zur Weihnachtszeit zugeht. Demnach ist der Dezember in Finnland auch Partyzeit. Sowohl privat, wie beruflich gehören Feiern mit gutem Essen und Trinken zum guten Ton. Am 24. Dezember wird um zwölf Uhr mittags der Weihnachtsfrieden eingeläutet. In den Familien wird dann ein Milchreis gegessen, in dem eine Mandel versteckt ist. Wer die Mandel bekommt, muss ein Lied singen. Auch das gemeinsame Singen in der Kirche ist in Finnland gute alte Weihnachtstradition. Um sich psychisch und physisch vor dem frohen Fest zu reinigen, geht man vor dem Festmenü in die Sauna. Anschließend tafelt man, bevorzugt mit diversen Salaten.


Türkei feiert den Jahreswechsel

Und wie sieht es mit Weihnachten in Mülheims jüngster Partnerstadt Beykoz aus? Schließlich ist die Türkei das Heimatland von St. Nikolaus. „Inzwischen haben Einkaufszentren weihnachtlich dekoriert. Außerdem gibt es in christlichen Gemeinden Konzerte und Basare“, berichtet der für Beykoz zuständige Vorstand im Städtepartnerschaftsverein, Wilfried aus der Beek. Größer als das Weihnachtsfest wird laut aus der Beek in Beykoz aber der Jahreswechsel gefeiert. Dann lädt die Stadt die Vereine zu einer Neujahrsbegehung. Dabei werden zentrale Punkte der Stadt mit Lichterketten geschmückt. Außerdem wird der Übergang vom alten ins neue Jahr in Beykoz mit Feuerwerken, Truthahnessen und Folkloreauftritten gefeiert.