Mülheim.

Eine vielfliegende Botschafterin der Stadt hebt seit 40 Jahren ab: Am 10. November 1971 wurde eine Lufthansa-Maschine auf den Namen „Mülheim an der Ruhr“ getauft. Heute ist schon ihre zweite Nachfolgerin mit Schriftzug und Wappen unterwegs: eine Boeing 747-400, ein geräumiger Jumbo-Jet.

Die Taufzeremonie für die erste „Mülheim“, einen City-Jet vom Typ Boeing 737, fand vor genau vier Jahrzehnten auf dem Düsseldorfer Flughafen statt. Denn: Für die heimische Piste war der Flieger „mit seinen 44 Tonnen zu schwer“, lasen interessierte Mülheimer wenig später in der aktuellen Ausgabe des örtlichen Stadtspiegels. Rund 200 Gäste nahmen teil, wie es hieß, ein Querschnitt aus der Mülheimer Bevölkerung.

Die vielen, die nicht eingeladen waren, konnten anschließend der Zeitung allerlei Details des Taufaktes entnehmen, der am späten Vormittag in Halle 5 begann. Zur Feier des Tages war der karge Hangar geschmückt mit Chrysanthemenkrügen und blau-gelb gekleideten Lufthansa-Stewardessen. Die eigentliche Taufe, bei der Sekt aus der Flasche auf blankes Metall gegossen wurde, nahm Friederike Hager vor, Ehefrau des damaligen Oberbürgermeisters, der ebenfalls anwesend war und sogar seine goldene Amtskette trug.

Gemeinsame Gediegenheit

OB Heinz Hager gab dem Flieger als Grußworte mit auf den Weg: „Du bist nicht der Größte, wie wir als Stadt nicht zu den größten gehören. Aber wir beide haben gemeinsam Gediegenheit, Solidität und Verläßlichkeit.“

Anschließend startete die „Mülheim an der Ruhr“ mit 96 auserwählten Passagieren an Bord zu ihrem Jungfernflug: 40 Minuten lang wurde eine „liegende Acht“ über dem Mülheimer Stadtgebiet gezeichnet. Allerdings: In der damals noch dampfig-dicken Revierluft entwickelten sich einige Turbulenzen („wie im Rat der Stadt“, wurde über das Bord-Mikrophon gescherzt), doch am Ende gab es eine sanfte Landung – und frisches Mölmsch zum Anstoßen.

Das Interesse der Lufthansa, hatte deren damaliger Deutschlanddirektor bei der Taufe verkündet, richte sich vor allem auch auf die Mülheimer Wirtschaft, die das Linienflugzeug für Geschäftsreisen und den Transport ihrer Produkte nutzen könne. Mülheims Name werde mit dem Kurzstrecken-Jet nicht nur auf deutsche Airports getragen, sondern auch in die europäischen Metropolen.

Ein Jumbo-Jet namens Mülheim

Inzwischen geht es um die ganze Welt. Denn mittlerweile, seit dem 4. Dezember 1997, trägt einer der insgesamt 30 Lufthansa-Jumbo-Jets den Namen „Mülheim an der Ruhr“: Die Stadt sei damit gewissermaßen in die Klasse der „Flaggschiffe“ aufgestiegen, sagte Lufthansa-Sprecher Florian Gränzdörffer jetzt anlässlich des Jubiläums. Die Boeing 747-400 ist fast 71 Meter lang, besitzt mehr als 64 Meter Spannweite und bietet auf ihren zwei Etagen insgesamt 352 Fluggästen Platz. Sie fliegt mit einer Reisegeschwindigkeit von 907 km/h bis zu 12 500 Kilometer weit und kann mit einem Gewicht von bis zu 395 Tonnen abheben.

Die aktuelle Lufthansa-Maschine „Mülheim an der Ruhr“ hat bislang 9820 Flüge absolviert und war dabei mehr als 81 000 Flugstunden unterwegs. Wann auch sie ausgemustert und durch eine jüngere ersetzt wird, „Mülheim“ Nummer vier, ist nicht absehbar. „100 000 Flugstunden sind für Modelle ihres Typs ohne Weiteres möglich“, so Gränzdörffer, „sie ist noch taufrisch.“ Und gönnt sich auch zum Jubiläum keine Pause.

Am heutigen Donnerstag kommt die „Mülheim“ planmäßig morgens von San Francisco zu ihrem Heimatflughafen Frankfurt und fliegt später weiter nach Teheran.

Patenschaft ist dauerhaft

Die Tradition, Lufthansa-Flugzeuge nach deutschen Bundesländern oder Städten zu benennen, begann im September 1960 mit der „Berlin“, Taufpate war der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt. Die Patenschaften seien begehrt, betont die Lufthansa, es gebe eine „beachtliche Warteliste interessierter Städte“. Bei der Vergabe spiele die Größe keine Rolle, man schaue aber z.B. darauf, ob ein Ort (wie Mülheim mit seinem Flughafen) besonders mit der Luftfahrt oder der Lufthansa verbunden ist. Die Patenschaft ist dauerhaft: Einmal in den Kreis der Patenstädte aufgenommen, geht der Name auf ein neues Flugzeug über, sobald die ursprünglich getaufte Maschine aus der Flotte ausscheidet.