Mülheim. .

„Chucky“ ist putzmunter und sein „Piratenblick“ liegt daran, dass ihm ein Auge fehlt. Ansonsten ist der reinrassige Perser ein verschmuster Kater, der, so hofft Tierheimleiterin Marion Niederdorf, bald ein neues Zuhause findet.

Aufnahmestopp im Tierheim

„Chucky“ wurde als Fundtier mit verfilztem Fell und entzündetem Auge abgegeben. Wie so viele der inzwischen 68 Katzen, überwiegend Jungtiere, die noch nicht kastriert waren. Die Aufnahme-Kapazität des Tierheims ist längst überschritten, eingerichtet ist man nur auf 30 Katzen. Wer seine Katze abgeben will, weil sich plötzlich eine Allergie eingestellt hat oder der neue Vermieter keine Tiere wünscht, muss weggeschickt werden. Aufnahmestopp. „Diese Gespräche enden nicht immer freundlich“, deutet Marion Niederdorf an, die rund zehn Anrufe dieser Art täglich führt.

„Wir sind für die Fundtiere aus Mülheim und Oberhausen zuständig – da kommt einiges zusammen“, erklärt sie. Ein großes Problem sind unkas­trierte Katzen, die sich unkontrolliert vermehren. Auch Freigänger, die ein Zuhause haben, aber draußen herumlaufen, gehören dazu.

Freilaufende Katzen besser kastrieren lassen

Katzen können, erklärt die Tierheimleiterin, bis zu dreimal im Jahr Nachwuchs bekommen. Ganze Würfe werden oft dem Tierheim gemeldet. Wenn die Wildfänge zu alt sind, um sich noch an Menschen zu gewöhnen, sind sie kaum mehr zu vermitteln. Auch der Tierschutzverein appelliert an Katzenhalter, frei laufende Tiere kas­trieren zu lassen. „Wir haben in Mülheim ein Katzenproblem“, sagt die Vereinsvorsitzende Heidrun Schultchen. Die Kosten kalkulieren viele nicht mit ein, wenn sie ein Tier aufnehmen: Beim Kater kostet der Eingriff 90 bis 120 €, bei einer Katze 120 bis 150 €. Frau Schultchen erinnert an die Möglichkeit für Leistungsempfänger, beim Nachweis der Bedürftigkeit in der monatlichen Tiersprechstunde einen Gutschein über 20 bzw. 40 € für die Kastration zu bekommen.

Aber auch, wer draußen lebende Katzen aus falsch verstandener Tierliebe auf Firmengeländen oder in Kleingartenanlagen füttert, fördert die unkontrollierte Vermehrung in der Stadt, sowie die Verbreitung von Krankheiten.

Eine Situation, die in Paderborn vor drei Jahren dazu führte, dass die Kastration zur Pflicht wurde. Eine ordnungsbehördliche Verordnung schreibt Katzenhaltern, die ihre Tiere nach draußen lassen, seither vor, sie kas­trieren und mittels Chip oder Tätowierung kennzeichnen zu lassen. Die Resonanz war, auch bei Katzenhaltern, unerwartet positiv. „Wir haben“, erinnert sich der zuständige Abteilungsleiter im Ordnungsamt, Karl-Heinz Borchmeier, „im Grunde dafür nur Zuspruch von der Bevölkerung bekommen.“ Damit war nicht unbedingt zu rechnen, und weil Paderborn bundesweit die erste Gemeinde ist, die das in ihrem Ortsrecht verankert hat, gibt es häufig Nachfragen von außerhalb. In der Praxis geht in Paderborn der Außendienst Mitteilungen aus der Bevölkerung nach – erst ein einziges Mal sei ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden.

Derzeit 25 Tiere zu vermitteln

Die Mülheimer Verwaltung sieht, wie der Deutschen Städtetag, rechtliche Probleme in einer ordnungsbehördlichen Verordnung, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels: Von einer unkastrierten Katze gehe schließlich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Dennoch ist die Meinung der Stadt: „Jede kastrierte Katze ist eine gute Katze“, so Wiebels. Marion Niederdorf würde es befürworten, wenn die Katzenhalter ihre Tiere freiwillig kastrieren ließen. Zeigt das Kastrationsgebot in Paderborn denn schon Erfolge? „So schnell wird das nicht durchschlagen“, schätzt Karl-Heinz Borchmeier, „da müssen wohl noch drei, vier Jahre ins Land gehen.“

Von insgesamt 68 Katzen im Tierheim sind aktuell 25 zu vermitteln, der Rest befindet sich nach der Impfung noch in Quarantäne. Von Juli bis September konnten 126 Katzen an neue Besitzer vermittelt werden. Für eine Katze aus dem Tierheim werden 80 Euro an Gebühren fällig.