Der kleine Rüde schnüffelt aufgeregt durchs Behandlungszimmer. Der zutrauliche weiße Hund wurde am Wochenende in Oberhausen gefunden; noch weiß keiner, wem er gehört.
Und ob man ihn zurückhaben will. Friedhelm Niederdorf hat ihn schon fotografiert und auf die Homepage des Tierheims gestellt.
Heute ist Behandlungstag im Tierheim. Die Mülheimer Tierärztin Wilma Schumann-Jäger besucht einmal in der Woche die Horbeckstraße 35, um dort nach Patienten auf vier Pfoten zu sehen. Und Neuzugänge wie den Westhighland-Terrier zu untersuchen. Frau Schumann-Jäger hat viel Erfahrung mit Tieren, ihr Umgang mit ihnen ist liebevoll und freundlich, aber bestimmt. Und als ob die Hunde, Katzen, Meerschweinchen spüren würden, dass ihnen trotz der ungewohnten Umgebung keiner etwas Böses will, halten sie still. Lassen sich abhören, abtasten, in Ohren und Mäuler blicken. Viele zucken nicht mal, wenn Frau Tierdoktor eine Spritze für die Impfung setzen muss. „Wenn man mit Ruhe drangeht, ist Beißen kein Thema”, sagt die Expertin. Tierpflegerin-Azubi Nadja Lienow hält den Hund fachmännisch fest – doch der kleine Westie – das Tierheim hat ihn kurzerhand Whity getauft – ist geduldig, als ihm Wilma Schumann-Jäger die entzündeten Augen behandelt. „Viele Westies haben Allergien, gerötete Augen,” erklärt sie. Auf etwa drei Jahre schätzt sie das Tier, der Ernährungszustand sei gut, das Fell könnte gepflegter sein. Als Whity den Chip injiziert bekommt, quietscht er doch kurz auf – um dann mit dem Schwanz zu wedeln. Hätte ihn sein Besitzer markieren und registrieren lassen, wüsste man längst, wo er hingehört. „Viel vergessen, ihre Tiere registrieren zu lassen, wenn sie den Chip bekommen haben”, erzählt Friedhelm Niederdorf. Wie beim nächsten Patienten, einem großen, getigerten Kater mit prachtvollen Augen, den die Feuerwehr in der letzten Woche in der Georgstraße aus einem Kamin geborgen hat, wie Niederdorf erzählt. Das Europäische Kurzhaar ist gechipt, aber nicht registriert bei TASSO e.V. oder einer anderen Organisation, die ohne Adresse vom Besitzer auch nicht weiterhelfen kann. Der zwei, drei Jahre alte Kater ist gepflegt und wird womöglich schon schmerzlich vermisst.
Patient Nummer drei ist ein echter Perser, aber er sieht jämmerlich aus: ein junges, kleines Tier, abgemagert, das rötliche Fell verfilzt. „Der war wohl länger draußen,” schätzt Schumann-Jäger. Der Kater wird gegen Katzenseuche und - schnupfen geimpft und muss ein paar Tage in Quarantäne, bis er zu den anderen darf. Dass er ordentlich zu Futtern kriegt, dürfte ihn trösten.
Frau Tierdoktor behandelt Durchfall und entzündete Hundeohren – dann ist Nala dran, und die ist viel zu groß für den Behandlungstisch: 47 Kilo wiegt die Hundedame, für einen Kangal, einen türkischen Hütehund, ist das wenig. Nala ist seit 2003 im Tierheim, aber nicht die Spritzen, die sie regelmäßig gegen ihr Hüftleiden bekommt, machen sie schwer vermittelbar: Nala ist einfach zu groß für eine kleine Wohnung ohne Garten.
Nur wenig Platz braucht – noch – der 14 Tage alte Wurf, der sich maunzend meldet. Fünfmal eine Handvoll Mieze. Wilma Schumann-Jäger guckt zwar in den Käfig, aber hier gibt es für sie nichts zu tun: Tieramtsleiterin Marion Niederdorf zieht die verwaisten Kätzchen mit der Flasche auf.