Mülheim. .
Beim Pferderennen fallen einem spontan elegante Damen mit Hüten, Männer mit Ferngläsern und Flaschen Schampus ein. Ja, auch das macht einen Renntag am Raffelberg aus. Aber meistens jedoch sind Kopfbedeckungen als legere Kappen, Kindermützen und später auch Regenschirme zu sehen.
Es sind vor allem Familien, die beim letzten Renntag in dieser Saison am Samstag allen anderen eine Länge voraus sind. Mamas und Papas schieben Kinderwagen, Omas und Opas haben Enkel an der Hand: „Wir gucken erstmal, wo die Pferde sind“, sagt ein älterer Herr zu den Zwillingen und zieht mit ihnen gen Führring los, wo gerade edle Araber-Pferde vorgeführt werden.
Gratis Getränke für den Nachwuchs
„Da, da der Schimmel“, ruft ein Mädchen ganz aufgeregt, „welche Startnummer hat der? Da müssen wir drauf wetten“. Aber auf diesem Ohr hört der Papa schlecht, wohl auch, weil seine Tochter noch ein bisschen zu junge für diesen ausgewachsenen Wetteifer ist. Aber was gibt es Spannenderes im Leben von Mädchen und Jungen als echte Pferde? Das kann wohl kein noch so toll simuliertes Rennen am Computer toppen.
Auf der Wiese steht ein „Dicker Brummer“, das Spielmobil der Ruhrwerkstatt, und gleich nebenan gibt’s an der Kindertankstelle gratis Getränke für den Nachwuchs. „Voll lecker“, sagt Laura (10), die hier alles super findet, aber „vor allem die Pferde“. Begeistert nickt Alex (9). Er ist erstmals auf der Raffelberger Rennbahn: „Aber wir kommen bestimmt wieder.“
Eine kleine Tragödie
Unter den dicken, alten Bäumen auf dem Platz zwischen Wetthalle, Führ- und Absattelring hat man es sich gemütlich gemacht auf Bierzeltgarnituren, umgeben von Bratwurst-, Getränke- und Waffelbuden. Zwei Damen füllen ihren Tippschein aus. Cornelia Huwald war schon öfter mit ihrem Mann beim Renntag. „Wir mögen die Atmosphäre“, sagt die Frau und wedelt mit dem Toto-Schein: „Man freut sich über kleine Gewinne.“ Nein, „auf der Rennbahn ist noch niemand reich geworden“, sagt auch ein älterer Herr, der seit 60 Jahren dem Pferdesport treu ist. „Der Gewinn geht meist zugunsten der Pferde.“ Sein Favorit beim ersten Rennen „Mietkes Nanu“ ist dann schließlich auf Platz vier gelandet. „Mirabella del Sol“ hat im ersten Rennen die Nase vorn. Wer bei 10 Euro Einsatz die ersten drei Platzierungen richtig getippt hat, gewinnt immerhin rund 3700 Euro.
Gut gefüllt ist die Tribüne. Rund 4200 Besucher hat Rennvereins-Präsident Hans-Martin Schlebusch am letzten von drei Renntagen in der Saison gezählt. Seiner Meinung nach „dürften es ruhig ein paar mehr sein“. Die ganze Kraft der Pferdestärken wird spürbar, wenn die Tiere aus der Startmaschine vorpreschen, aber auch ihre Nervosität, mit der sie auf dem Rasen tänzeln, bevor sie von Starthelfern in die Boxen bugsiert werden. Und ausgerechnet beim Preis des Theater an der Ruhr, das erstmals Namensgeber für zwei Rennen war, nimmt eine kleine Tragödie ihren Lauf: Beim dritten Rennen macht die Stute „Dimantina“ Theater, geht vor dem Start durch und galoppiert ganz aufgeregt mit rutschendem Sattel über die Sandbahn direkt an den Zuschauern vorbei.
Familienfreundliche Eintrittspreise
„Bitte nicht anfeuern“, appelliert der Bahnsprecher ans Publikum, das vernünftig reagiert. So beruhigt sich das Pferd nach einiger Zeit und kann eingefangen werden. Kurz darauf macht „Princess Rolex“ Zicken. Beide Pferde gehen nicht mehr an den Start. Das Rennen in dieser Runde macht schließlich “Spirit Doll“, ein Holländer. Die Überraschung des Tages war wohl die junge Stute Molly Filia, trainiert von Lokalmatador Uwe Ostmann, die ihr siegreiches Debüt unter Jockey Koen Clijmans gab. Immer dann, wenn die Galopper bei den Rennen in die Zielgerade einbiegen, werden die Anfeuerungsrufe, wird der Geräuschpegel um einiges lauter. Auf der Tribüne und direkt an der Rennbahnabsperrung wird mitgefiebert. Hautnah.
Einer der jüngsten Besucher ist Till, sechs Monate alt. In den Armen von Papa Benjamin Zahn strampelt das Baby vergnügt. „Er ist ist an allem interessiert, will Spaß und Aktion haben“, sagt der Vater. „Da bietet sich die Rennbahn an, wenn man hier wohnt.“ Er lobt die familienfreundlichen Eintrittspreise und die familiengerechte Infrastruktur, „es gibt sogar einen Wickelraum“. Und für die Pferdesport-Profis in den eleganten Sachen gibt’s die VIP-Lounge.