Mülheim. . Psychische Erkrankungen werden oft noch wie ein Tabu-Thema behandelt. Ein Mülheimer Projekt, an dem auch Gesunde teilnehmen, versucht mit Kunst das Schweigen zu brechen. Die Weiterfinanzierung ist leider unklar.

Warum es Petra Clemens in die USA verschlagen hatte, ist nicht leicht zu beantworten. Für 17 Jahre lebte sie in einem Indianer-Reservat der Sioux, heiratete dort einen Ureinwohner Amerikas, verkaufte Schmuck, erlebte die Kultur und die Schattenseiten der Ausgrenzung. Manche würden sie eine Aussteigerin nennen, Clemens weiß es besser: Der Grund lag in ihrer Psyche.

Über die inneren Stimmen, die ihr Handeln bestimmten, spricht die 52-Jährige – nunmehr zurückgekehrt – offen. Sie sind zwar immer noch da, aber sie hat gelernt, damit umzugehen. Eine Unterstützung ist für sie das Mülheimer Projekt „Inside? Outside?“ (Drinnen? Draußen?), das Menschen mit und ohne psychische Erkrankung über Kunst zusammenbringt. „Wenn ich künstlerisch arbeite, habe ich einen Fokus“, sagt Petra Clemens, „dann kann ich diese Stimmen zurückdrängen oder im Bild verarbeiten.“

Gesellschaftliches Tabu-Thema

Wie ihr geht es einigen der insgesamt 16 Projektteilnehmer. „Inside? Outside?“ muss man innerlich wie zwischenmenschlich verstehen, sagt Martina Gremmen, die kunsttherapeutische Leiterin dieses Kooperationsprojekts des Sozialpsychiatrischen Zentrums der Caritas und des Katholischen Bildungswerks. „Psychische Erkrankungen sind ein gesellschaftliches Tabu-Thema. Uns geht es um Kommunikation und Annäherung.“

Seit dem Beginn im Februar hat das Projekt Erkrankte und Nicht-Erkrankte im Katholischen Stadthaus zusammen gebracht. Im ersten Schritt schickten die Gruppe sich gegenseitig ihre Werke. So entstanden Dialoge ohne Worte. Inzwischen besucht man gemeinsam Kunstausstellungen, etwa im Museum Alte Post oder im Kunsthaus Kannen, das eine der umfangreichsten deutschen Sammlungen von Outsider-Kunst besitzt.

Fortsetzung unklar

„Der Umgang ist normal geworden“, lobt Inge Becker, die seit ihrer Geburt an Spastik leidet. Allerdings ist eine Fortsetzung des Projektes unklar.

„Bis Oktober ist es durch den Landesverband Rheinland finanziert“, gibt Leonie Türnau vom Bildungswerk Auskunft. Bis dahin will man die entstandene Kunst im Rahmen von Art Obscura (Broicher Schlossnacht, 6. August) und Ende Oktober im Kathollischen Stadthaus zeigen.