Mülheim. .
Der wunderbare Sound der alten Hammond B3 wird leider auch von den Regengöttern geschätzt. So durften die Besucher im Innenhof von Schloss Broich den Auftakt des 20. Internationalen Jazz-Festivals unter dem schützenden Schirm genießen.
Dafür entschädigte das mächtig groovende Orgel-Inferno mit klassischem Hard-Bop und Fusion-Jazz, die anderswo in den durch allerlei Weltmusik verwässerten Jazz-Veranstaltungen nur noch selten zu hören sind. Mit Traditional-Jazz verwöhnten dann am zweiten Abend des Festivals stimmungsvolle Hochkaräter wie die Allotria Jazzband und The Joy of Swing die begeisterten Fans. Über 20 Bands in drei Tagen durften die Zuhörer genießen, die sich den Spaß auch vom schlechten Wetter nicht verderben ließen.
Hammond-Meister
Zum Auftakt waren dann so prominente Jazzer wie die Saxophonisten Peter Weniger und Tony Lakatos auf der Bühne im Hof des historischen Gemäuers zu begrüßen, die eine furiose Vorstellung in Andi Kissenbecks „Club Boogaloo“ gaben, und erdigen Rhythm’ & Blues und aufregende Standards spielten. Hammond-Meister Andy Kissenbeck hat auf jeden Fall seinen Jimmy Smith gehört.
Es folgte das mit Spannung erwartete Konzert von Barbara Dennerlein und ihrer Band „Bebab“. Muntere Arrangements wie „Go for it“ oder die Dennerlein-Komposition „Cleo“, die die Münchnerin ihrer umtriebigen Katze gewidmet hat, bewiesen, wie zeitlos und frisch das Spiel auf der Hammond-Orgel klingen kann, die im Zeitalter der Computer-Musik längst zum bestaunten Saurier geworden ist. Ein großes Lob gebührt auch Saxophonist Jörg Kaufmann, der sich hier im Stile eines Michael Brecker als großer Virtuose präsentierte. Viel Beifall für eine sympathische Band aus München, die noch viel mehr Publikum verdient gehabt hätte.
„Cleo“ hat Dennerlein ihrer Katze gewidmet
Doch der zweite Abend des Festivals war dann deutlich besser besucht. Nach der beliebten und stimmungsvollen River-Boat-Shuffle mit Live-Jazz auf der Ruhr gab es ein attraktives Programm in den Sälen und im Innenhof des Schlosses. In Ritter- und Wappensaal boten zahlreiche Bands Swing und Dixieland und auf der Open-Air-Bühne präsentierte sich Joy of Swing mit dem vielseitigen Saxophonisten und Klarinettisten Engelbert Wrobel. Das äußerst professionelle und spielfreudige Ensemble begeisterte mit einem klassischen Repertoire und Hits wie „Body and Soul“. Wenn Engelbert Wrobel dem legendären Sidney Bechet seine Stimme leiht, dann gibt er mit feinem Ton den alten Swing-Standards ihre Seele zurück.
Jazz-Nacht auf Schloß Broich
Zum Abschluss gab es dann im Schloss echtes Big-Band-Feeling. Aus München war die Allotria Jazzband mit ihrer aus Jamaika stammenden Sängerin Beverly Daley angereist, die seit vielen Jahren auch international zu den besten Formationen des Traditional-Jazz gehört.
Lob für eindeutige Linie
So zogen ihre blitzsauber klingenden und messerscharf gespielten Arrangements von Klassikern von Benny Goodman oder Jerry Roll Morton die stets fachkundigen Mülheimer Fans spontan in ihren Bann. Das gut gelaunte Ensemble unter der Leitung von Rainer Sander war die richtige Wahl für ein großes Jazz-Finale im Schlosshof.
Den Veranstaltern ist insgesamt ein großes Lob dafür auszusprechen, ein Festival mit stilistisch eindeutiger Linie zu organisieren, ohne dabei in die scheinbar populären Bereiche von Welt- oder Pop-Musik zu schielen. Dafür dankt dann auch ein äußerst treues Publikum.