Mülheim.
Die Jury beleuchtete sensibel jedes Stück von der Weltlichkeit bis zur sprachlichen Durchdringung. Aber immer mit Achtung vor der Arbeit der Anderen. Nach wortreichem Pro und Kontra, nach „Tränenrunde“ und Favoriten-Plädoyers stand um 0.15 Uhr fest: Elfriede Jelinek erhält den Mülheimer Dramatikerpreis für „Winterreise“ in der Inszenierung der Münchner Kammerspiele. Aber wirklich überraschend war das Ergebnis nicht. „Es ist der Triumph wuchernder Worte der Sprachfantasie, der Sprachlust in den besten Momenten des Stücks“, sagt Feridun Zaimoglu nach der Entscheidung. Der Autor war einer von fünf Juroren. Darüber hinaus sei die ganze Inszenierung, die Regie von Johan Simons phänomenal. „Diese Schauspielerinnen und Schauspieler – es ist eine Lust, ihnen zuzuschauen.“ Dafür könne Elfriede Jelinek dankbar sein.
Zum 15. Mal war die österreichische Autorin zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Wenngleich Jelinek die ersten acht Jahre leer ausging, so bekommt sie nach 2002 für „Macht nichts“, 2004 (Das Werk), 2009 (Rechnitz) jetzt zum vierten Mal den mit 15 000 € dotierten Preis.
„Sie hat sich total gefreut"
Udo Balzer-Reher, Stücke-Chef, überbrachte Jelinek die frohe Botschaft: „Sie hat sich total gefreut. Auch deshalb, weil ihr das Stück extrem wichtig war, weil es ein sehr persönliches Stück ist.“ Sie bitte aber um Verständnis, dass es ihr aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht möglich sei, zur Preisverleihung nach Mülheim zu kommen. Der Termin ist noch nicht bekannt.
Das Stück einer Deutschstunde unter Waffengewalt, das es bis ins Favoriten-Finale schaffte, aber dann an der nötigen Mehrheit scheiterte, hat die Zuschauer und somit den Publikumspreis gewonnen: „Verrücktes Blut“ von Nurkan Erpulat und Jens Hillje in der Inszenierung von Ballhaus Naunystraße/Ruhrtriennale. Nach jeder Vorstellung konnten die Zuschauer Bewertungen quasi in Noten von eins bis vier abgeben. Die ersten drei Plätze: Verrücktes Blut (1,4), Winterreise (1,73) und „Die Firma dankt“ (1,76). Die Übertragung der Jury-Debatte im Internet verfolgten 4500 Zuschauer.
Nicht zu vergessen, ein weiterer Gewinner: Michael Müller wird mit dem Kinder-Stücke-Preis (10 000 €) für „Über die Grenze ist es nur ein Schritt“ ausgezeichnet.