Mülheim. .
Verkehrte Welten. Wie in einem Puppenhaus sitzt die Großfamilie und guckt den Betrachter intensiv an, wobei der zum eigentlichen Objekt der Betrachtung wird.
Und auf den zweiten Blick entpuppt sich das niedliche Kuscheltier als diabolische Abart eines Schweinchens, weil es zu harten Metal-Rhythmen immerzu nervig schreit: „We are the World.“ Ein Haus, das bei näherem Hinsehen nichts Stabiles hat, denn es ist fragil aus Karton gebaut, jederzeit einsturzbereit. In dieser skurrilen Kunst-Welt im Keller einer ehemaligen Schnaps-Brennerei ist nichts so wie es den Anschein hat. Man muss nur genau hinschauen, nachdenken, um den trügerischen schönen Schein zu entlarven.
Kreative Trugbilder
Auch das andere Mobiliar ist Attrappe, gemacht aus Pappe, wenn auch mit dem einen oder anderen alten Original-Teil nebst Gebrauchsspuren bestückt wie der Schrank mit den Flügeltüren aus Holz. „Wenn Gegenstände so tun als wären sie es“, sagt Barbara Deblitz verschmitzt. Sie arbeitet sich schon seit Jahren an dem lateinischem Begriff des „Simulacrums“ ab, was laut wikipedia „ein wirkliches oder vorgestelltes Ding, das mit etwas oder jemand anderem verwandt ist oder ihm ähnlich ist“. Im weitesten Sinne sind es Trugbilder – in diesem Fall positiv-kreativ gesehen. Denn ein schönes Spiel treibt die Künstlerin Barbara Deblitz mit der Wahrnehmung. Festgemacht hat sie die Arbeitsreihe an alten Puppenschränken, „die ja verkleinerte Schrankdarsteller ohne wirkliche Funktion sind“, erläutert Deblitz. Wieder vergrößert wurden Schränke aus Pappe hergestellt, wodurch sie keine Rückkehr zur Realität erfahren, sondern sich noch weiter entfernen, abstrakt werden. Mit Brettern, Leisten und anderen Materialien werden sie zu neuen Möbeln – scheinbar.
Große Gesamtinstallation soll noch entstehen
Es sind brandaktuelle Arbeiten von Barbara Deblitz, die mit Fotos, Videos und anderen Teilen zu einer großen Gesamtinstallation zusammengefügt werden sollen. Und in den neuen 180 qm großen Räumen an der Heidestraße in Styrum sei es ihr endlich wieder möglich, große Arbeiten zu machen, was im städtischen Atelier in Duisburg-Baerl nicht ging. Seit Februar ist Deblitz im renovierten Keller mit den weiß gekalkten Backsteinwänden, wo Licht durch die Fenster dringt. „Ich bin erstmal glücklich hier“, freut sich Barbara Deblitz.
Es gibt auch neue Videoarbeiten, die sie eine Erweiterung der Fotografie: „Videos sind bewegte Fotografien. Unter dem Titel „Eigenzeiten“ bezieht sie sich auf die Definition von Einstein, wonach Zeit relativ ist. „Man kann daher jedem Objekt eine sogenannte Eigenzeit zuordnen“, sagt Deblitz, was sie mit einem Video demonstriert: Während sie mit der Videokamera ihren Mann im Urlaub filmt, bewegt sich das Bild im Rhythmus ihrer Atmung.
„Unterwegs“ ist eine neue Fotoserie überschrieben. Was die Arbeitsräume betrifft, ist die Künstlerin erstmal angekommen. Mitten in Styrum.