Mülheim.

Hinter dem Hof, in der inoffiziellen Raucherecke neben ihrer Schule, wollen Leon, Ivan, Sebastian und Ludwig niemals landen. „Da stinkt’s“, sagen die Jungs aus der siebten Klasse des Gymnasiums ­Broich. Und finden: „Rauchen ist bäh!“ Doch das sehen nicht alle Jugendlichen so. Daher veranstaltet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die „Jugendfilmtage Nikotin und Alkohol“, um Schüler über die Folgen des Rauchens und Trinkens aufzuklären. 1100 Jugendliche aus NRW kamen am Donnertag ins Kino Cinemotion im Fo­rum, um Filme zu sehen, durch die Promille-Brille zu blicken und Preise für die besten Anti-Qualm-Reime abzuholen.

Suchtkarriere frühzeitig stoppen

Vor den Kinosälen springen Kinder umher, stecken sich Nichtraucher-Stecker an die Jacken und studieren die Infos an den vielen Ständen. Die Jugendfilmtage Nikotin und Alkohol sind ein großes Gemeinschaftsprojekt, ins Leben gerufen von der BZgA, vor Ort umgesetzt von Ginko, dem Amt für Kinder, Jugend und Schule, dem Gesundheitsamt, den Guttemplern, der Polizei und der Landesinitiative „Leben ohne Qualm“ (LOQ). Ihr Ziel: „Jugendliche da erreichen, wo sie gerne hingehen – ins Kino“, erklärt NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Und betont: „Wir müssen Jugendliche erreichen, bevor ihre Suchtkarriere beginnt.“ Daher setzen Bund, Land und Kommune mit der Kampagne auf Prävention. Und zeigen an zwei Tagen sechs Filme zum Thema Rauchen und Alkohol.

Neben dem Popcorn-Stand probieren die Jugendlichen aus, wie es sich anfühlt, mit 0,8 Promille auf einer Linie zu balancieren. Eine Brille schwindelt ihnen den Alkoholrausch vor. „Gar nicht so einfach“, sagen Rita und Julia (beide 13), die mit ihrer Klasse aus Bochum gekommen sind. „Man kann sich nicht mehr so gut einschätzen“, bringen es die beiden auf den Punkt. Daher wollen sie es gleich bleibenlassen mit dem Alkohol. Viel lieber haben sie an dem Hip-Hop-Wettbewerb „Leben ohne Qualm“ teilgenommen, den das Land bereits zum neunten Mal in Folge ausgerufen hat. 70 Beiträge wurden von der Jury, darunter Hip-Hop-Künstler und DJs, gehört und bewertet. In Kinosaal zwei überreichte Ministerin Steffens die Preise an Schüler zwischen zehn und 23 Jahren mit den besten Rap-Texten gegen das Rauchen. Die ersten Preise in ihren Altersklassen gewannen Schüler aus Gronau und Bergneustadt.

Etwa 42 Schulklassen aus Mülheim sind ins Kino gekommen, um Alkohol und Nikotin kritisch zu hinterfragen. „Das Image der Prävention und Suchtberatung hat sich total gewandelt“, sagt Norbert Kathagen von der Ginko-Fachstelle für Suchtvorbeugung. „Heute ist Rauchen uncool. Das war vor einigen Jahren noch anders.“ Zu ihm und seinen Kollegen kommen Jugendliche ab 14 Jahren, denen Hilfestellung angeboten wird. Nicht nur für ihr eigenes Suchtproblem, sondern auch für ihre Eltern.

Spät ausprobieren

Es zeichne sich ein Trend ab: „Die Akzeptanz, sich beraten zu lassen, wächst“, sagt Kathagen. Das lässt sich sicher auf die Prävention zurückführen – die Ginko-Mitarbeiter gehen in Schulen, organisieren Veranstaltungen, sind präsent. Und versuchen nicht, den Alkoholkonsum als solches zu verhindern, das wäre unrealistisch. Raten aber: „So spät wie möglich auszuprobieren“, so Kathagen. Denn: „Je später die Jugendlichen anfangen, Alkohol zu trinken desto geringer ist die Chance, in eine Abhängigkeit zu geraten.“