Mülheim. . Vor den Ostermärschen: Unzufriedenheit über die Politik, Stuttgart 21 und das sofortige Abschalten von AKW sind Dinge, die Menschen dazu bewegen, aktiv zu werden. Ein Gespräch mit Hartmut Kremer vom Mülheimer Agenda-Büro.

Ja, wer läuft denn noch?, hätte man beinahe fragen können. Denn es sah ganz danach aus, als ob die Ostermärsche eine aussterbende Veranstaltung sind. Fukushima, der angekündigte Atom-Ausstieg, der andauernde Einsatz in Afghanistan und vieles andere, was „Wutbürger“ bewegt, könnte wieder mehr Menschen auf die Straßen treiben. Über die Ostermärsche spricht der Leiter des Mülheimer Agenda-Büros Hartmut Kremer.

Erfahren die Ostermärsche eine Wiederbelebung?

Hartmut Kremer: Ich habe den Eindruck, dass es die Mengen aus den 1980er Jahren nicht mehr erreicht hat. Aber in den letzten zwei, drei Jahren war wieder eine Steigerung da, insbesondere, weil auch jüngere Menschen wieder dazukommen. Ich habe mir den Ostermarsch im letzten Jahr in Duisburg angeguckt, der war gut besucht.

Hat sich etwas an der Organisation verändert?

Kremer: Wir machen das nicht mehr wie früher. Damals ging’s dann in Duisburg oder Essen los und man ist die ganze Zeit über gelaufen. Mit allen, die in den Städten dazukamen. Daraus wurde ein sehr langer, wirklicher Ostermarsch. Jetzt wird eine Auftaktkundgebung in Duisburg gemacht und ein Stückchen gelaufen, dann ist Feierabend. Am nächsten Tag geht’s in Essen weiter mit einer Fahrradtour, die nach Gelsenkirchen fährt.

Bewegt die Atom-Ausstiegsdebatte mehr Menschen?

Kremer: Der Aufruf zum Ostermarsch ist ein sehr langer. Da sind weitere Forderungen enthalten, u.a. der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie. Zumal auch Demonstrationen verbunden wurden. Um Gronau herum gibt es eine gemeinsame Demonstration von Ostermarsch-Teilnehmern und Anti-Atomkraft-Gegnern.

Was ist in Mülheim geplant?

Kremer: Neben dem Ostermarsch läuft am Ostermontag in den Ruhranlagen eine Veranstaltung gegen die Atom-Energie.

In dem Aufruf des Friedensforums geht es unter anderem um Afghanistan und die Beendigung des Krieges. Was ist mit Libyen und den anderen Ländern, wo Bürger für Demokratie kämpfen?

Kremer: Friedensforum, die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner und Ostermarsch-Ruhrkomitee haben einen Aufruf zur friedlichen Lösung in Libyen gemacht, das heißt, nicht mit Waffengewalt einzumarschieren, sondern alles zu nutzen, was jenseits von Waffengewalt möglich ist.

Eine Forderung ist auch die Beendigung der Bundeswehrwerbung an den Schulen. Passiert das häufig?

Kremer: Ja, bundesweit läuft sehr viel Bundeswehrwerbung an Schulen. Mehrere Friedensforen in verschiedenen Städten haben dazu aufgefordert, diese Werbung zu unterlassen. Aber wenn man sie schon macht, dann müsste man auch Kriegsdienstgegner in eine Schulstunde nehmen.

Ob Stuttgart 21 oder andere Dinge, die Wut auslösen. Werden die Bürger aktiver?

Kremer: So etwas passiert immer dann, wenn man direkter betroffen ist. Das ist im Prinzip jede Bürgerinitiative, ob das Stuttgart 21 oder andere Dinge sind: Man sieht, dass Menschen wieder aktiver werden. Mit dem, was ihnen an Politikangeboten gemacht wird, nicht mehr so zufrieden sind.

Inwieweit ist das Agenda-Büro bei Veranstaltungen mit einbezogen?

Kremer: Das Agenda-Büro ist eine Einrichtung der Stadt. Es ist dafür zuständig, mit ganz vielen Bürgerinnen und Bürgern in Arbeitskreisen und Foren an allen Themen zu arbeiten, die unter das Motto „Global denken, lokal handeln“ fallen. Dazu zählt auch das Friedensforum. Die werden von mir betreut und unterstützt in ihrer Arbeit.

Laufen Sie beim Ostermarsch mit?

Kremer: Ich werde Ostermontag an der Anti-AKW-Veranstaltung um 13 Uhr mit Gedenkspaziergang auf der Schleuseninsel und an der Mahnwache im Luisental teilnehmen.