Mülheim. Was passiert mit der Flasche, wenn man sie in den Pfand-Automaten gesteckt hat? Wir haben eine Flasche auf ihrem Weg zur Wiederverwertung begleitet. Ein Blick ins Leergutlager.
Heute hat Alina Nocke nur drei Wasserflaschen, die sie loswerden möchte. Mit dem Boden voran schiebt die 17-Jährige das Leergut in den Automaten. Die Flasche dreht sich auf dem Band, es rattert, ein Knistern, dann sieht sie, wie der blaue Deckel verschwindet. Samstags laden tausende Kunden ihr Leergut bei Edeka Paschmann am Heifeskamp ab. Dort läuft an Wochenenden doppelt so viel Leergut auf, als an vollen Flaschen verkauft wird. Hinter den Kulissen steckt nicht nur viel Technik, sondern vor allem ein großer logistischer Aufwand. Wir begleiten Alinas Flasche auf dem Weg in die Wiederverwertung.
Alina drückt den grünen Knopf, zieht ihren Bon: 75 Cent bekommt sie für die drei Flaschen an der Kasse. Damit ist ihr Part in der Pfandschleife erledigt. Doch was passiert mit der Flasche? Heinz Wilhelm Paschmann schlängelt sich an Kundenreihen vor den Automaten vorbei, öffnet die Tür zum Lagerraum. Der Boden klebt, ein Geruch nach Limo liegt in der Luft. „Wir müssen hier stündlich wischen, sonst klebt man am Boden fest“, sagt Paschmann. Und zeigt, wieso: Aus halbleeren Cola- und Malzbierflaschen, Schorlen- und Bierpullen tropfen ab und an Reste aus. Es rattert und rotiert hinter den Metallverkleidungen der Maschine.
680 Flaschensorten erkennbar
„Hinter den Automaten arbeitet eine riesige Anlage, in die wir etwa 180 000 Euro investiert haben“, erklärt der Geschäftsmann. Alina steckt ihre Flasche vorne hinein – bis zu 680 verschiedene Flaschensorten kennt der Rückgabeautomat. Hinten wird die Flasche zur flachen Scheibe zerknüllt, die in einem von vier Containern landet. Paschmann schiebt die Klappe hoch: „Die Container werden an Samstagen etwa drei- bis viermal geleert.“ Über den Containern verläuft ein Band, auf dem die Getränkekisten bis ans andere Ende des Lagerraums schweben. Zwei Mitarbeiter sortieren Bier- oder Colaflaschen in die Kisten, stapeln diese auf Paletten. Sprudelkasten reiht sich an Colakiste, auf drei Ebenen. „Sind alle Ebenen voll, müssen die Kästen in einen weiteren Lagerraum geschoben werden“, erklärt Paschmann.
Der Weg der Getränkeflaschen
Von diesem Lager aus geht die Reise der Flasche weiter: Mit tausenden anderen wird sie in Säcken gesammelt und in eins der beiden Leergutlager geschleppt. In diesem stapeln sich Kisten bis zur Decke. Ein Getränkelieferant holt die großen Tüten mit dem gepressten Plastik sowie die Getränkekästen ab, wenn er gefüllte Flaschen anliefert. An Samstagen schafft mindestens ein Sattelzug am Tag Platz im Lager, darauf seien sie angewiesen. „Sonst saufen wir hier ab vor lauter leeren Flaschen“, sagt Paschmann. Im Sommer sei die Lage noch dramatischer. „Wir haben auch schon die Müllabfuhr bestellt, weil die Lager voll waren und wir nicht mehr wussten, wohin mit den Flaschen. Da haben wir für die Entsorgung noch drauf gezahlt.“
Zu klein für die Massen Leergut
Die Lager sind mit rund 400 qm zwar groß, aber eigentlich doch zu klein für die Massen an Leergut. Hierin liege die Ungerechtigkeit, ärgert sich Heinz Wilhelm Paschmann: „Als Vollsortimenter müssen wir jede Flasche zurück nehmen – ein Discounter nicht, der nimmt nur seine eigenen.“ Das Problem liege zudem in den Bauvorschriften: „Wir haben eine begrenzte Zahl an Quadratmetern, die wir genehmigt bekommen. Die Discounter hingegen dürfen auf größerer Flächen bauen, obwohl sie viel weniger Leergut haben, das sie lagern müssen.“ Und er folgert: „Wir erledigen die Arbeit der Discounter mit.“
So verkaufe der Edeka-Markt samstags für 2500 Euro Getränke, gebe aber etwa 4500 Euro an Pfand zurück. Verrechnet wird erst später, zwischen den Getränkeabfüllern und dem Handel – beim so genannten Pfand-Clearing.
Alinas Flasche liegt mittlerweile zerknüllt zwischen anderem Plastik im Lager und wartet auf die Abholung. „In der Wiederverwertungsanlage wird sie eingeschmolzen und wieder zu einer neuen Flasche“, erklärt Paschmann. So schließt sich der Kreis.