Mülheim. .

Im jahrelangen Streit um den Abriss der Troostschen Weberei in Mülheim hat die August-Thyssen-Stiftung nun Klage gegen die Stadt eingereicht. Sie will die Gebäude abreißen. Die Stadt hingegen will sie erhalten. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Bei der Troostschen Weberei prallen verschiedene Interessen aufeinander: Während die Untere Denkmalbehörde die Gebäude unbedingt erhalten will, sind sie für ihre Eigentümer wirtschaftlich schlichtweg nicht haltbar.

Nun könnte das finale Kapitel in dem jahrelangen Streit vor Gericht ausgetragen werden: Die August-Thyssen-Stiftung hat Klage gegen die Stadt eingereicht; sie will Weberei und Tudorhaus abreißen. Auch ein Antrag auf Abriss für das dritte erhaltene Gebäude, das Kutscherhaus, ist in Vorbereitung.

"Wiege der Mülheimer Industriekultur"

Als „die Wiege der Mülheimer Industriekultur“ werden sie oftmals bezeichnet. Geblieben sind von den Troostschen Fabriken nur drei Gebäude: Die Weberei steht seit Jahrzehnten leer und verfällt zusehens. Die Innenmauern sind eingestützt, das Dach ist marode. Das Tudorhaus war länger bewohnt, ist aber auch seit Jahren leer gezogen. Beide Objekte gehören zum Areal des Altenheims Franziskushaus der Vereinigten August-Thyssen-Stiftung. Das Kutscherhaus, das kleinste Objekt, ist ebenfalls im Besitz der Familie Thyssen und steht seit rund zwei Jahren leer.

Streit um Tuchfabrik

Die alte Tuchfabrik im Luisental in Muelheim, am Mittwoch den 12.01.2011. Die Stadt und die Eigentuemer streiten sich ueber den Erhalt und die Denkmalpflege der verfallenen Gebaeude. Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Die alte Tuchfabrik im Luisental in Muelheim, am Mittwoch den 12.01.2011. Die Stadt und die Eigentuemer streiten sich ueber den Erhalt und die Denkmalpflege der verfallenen Gebaeude. Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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„Jegliche Instandsetzung oder Unterhaltung ist unterlassen worden“, sagt Erich Bocklenberg – und wenn ein Denkmalpfleger das sagt, kann die Aussage nicht wertfrei sein. Denn für den Leiter der Unteren Denkmalbehörde sind die Gebäude, so schlecht ihr Zustand ist, unbedingt erhaltenswert. Für ihn erinnern sie an Johann Caspar Troost (1759 - 1830), der die Entwicklung der Stadt entscheidend mitprägte, der eine der landesweit ersten industriellen Fabrikationsstätten der Tuchindustrie aufbaute. „Es wäre traurig, wenn das älteste gewerbliche Gebäude der Stadt sang- und klanglos verschwinden würde“, findet Bocklenberg.

Erster mechanische Webstuhl vor 200 Jahren

Johannes Hartmann, wie Heinz-Jürgen Heiske Geschäftsführer der Vereinigten August-Thyssen-Stiftung, sieht das Ganze nüchterner: „Die Weberei steht nur unter Denkmalschutz, weil da vor 200 Jahren mal der erste mechanische Webstuhl stand.“ Heute sei das Gebäude hingegen „bautechnisch nicht zu halten“.

Im vergangenen Jahr sah es kurz so aus, als zeichne sich eine Lösung ab: Das Land stellte Fördermittel in Aussicht. Auch die machten die Erhaltung für die Stiftung nicht lukrativer. Vier Millionen Euro, sagt Johannes Hartmann, müsse man mindestens in die Gebäude stecken – und das rechne sich nicht für die entstehenden 1500 m² Wohnfläche. Stattdessen besann man sich auf den bereits 2005 gefassten Plan: Abriss der Weberei und des Tudorhauses. Für Erich Bocklenberg, der selbst allein für die Sicherung der Gebäude jeweils „eine sechsstellige Summe kalkuliert“, ist das ein „deutliches Zeichen, dass man am Erhalt nicht interessiert ist“.

Park für Senioren

Dem widerspricht Johannes Hartmann nicht. Man müsse die Gebäude wegen Einsturzgefahr großzügig absperren, dadurch habe das Franziskushaus kaum Grünflächen zur Verfügung: „Wir wissen, dass wir keine Genehmigung für einen Neubau bekommen. Und die wollen wir auch nicht.“ Zudem gibt es laut Hartmann einen Beschluss der Familie Thyssen, auch das Kutscherhaus abreißen zu wollen und das Grundstück „einem gemeinnützigen Zweck zur Verfügung zu stellen“. Konkret bedeutet das einen Park für die 117 Bewohner des Franziskushauses.

Die Fronten scheinen nach jahrelangem Ringen um die Troostsche Weberei nun endgültig verhärtet. „Wir wollten eine gemeinsame Lösung“, betont Bocklenberg. Die aber wird es wohl nicht geben.