Die Altbauten am Franziskushaus zeugen von den Troostschen Fabriken und früher Industriekultur, aber auch von stetem Verfall. Denkmalpflege und Stiftung verhandeln über Teil-Abriss und Projekt für Senioren-Wohnen.
Die Wiege der Mülheimer Industrie ist in einem bedenklichen Zustand. Innenmauern: eingestürzt. Das Gebälk unter dem Krüppelwalmdach: äußerst marode. Seit Jahrzehnten ist der dreigeschossige Baukörper im Luisental ein Sorgenfall. Und für die August-Thyssen-Stiftung ein Abrisskandidat. Neben dem Altenheim Franziskushaus dämmert der einst weiß getünchte Komplex zwischen Altenheim-Anbau und Thyssen-Teich im Dauer-Dornröschenschlaf. Er steht für die Zeiten, als hier „Troost & Co” mit Spinnerei, Weberei und Druckerei zu Ansehen und Geld kamen, als unternehmerische Entscheidungen das Bild der Stadt veränderten. Teich und Fabrikkanal sind Spätfolgen des Engagements von Johann Caspar Troost (1759-1830). Der Elberfelder Kaufmann erhielt 1791 das Privileg zur Gründung einer Baumwollfabrik sowie zur Errichtung der dafür notwendigen Gebäude und wandelte damit ein altes Weidegrundstück am Ufer grundlegend. Ins Preußische Urkataster der Jahre 1821/1823 fanden die Anlagen Aufnahme, hat Denkmalpfleger Erich Bocklenberg recherchiert. Ihn beschäftigen die „erhaltenen Bestandteile einer der landesweit ersten industriellen Fabrikationsstätten der Tuchindustrie” seit Jahren. Gleiches gilt für die Geschäftsführung des Altenheimes und der Essener Stiftung, die das Haus am Ruhrufer und das Raphaelhaus in Saarn betreibt. Die Interessen sind allerdings, nun ja: unterschiedlich. Der „Versuch zu retten, was zu retten ist”, bleibt für den Denkmalpfleger oberstes Gebot. Der Stiftungszweck spricht aus Sicht der Geschäftsführer Johannes Hartmann und Heinz Jürgen Heiske in diesem Fall dagegen. „Unsere Mittel”, stellt Hartmann fest, „werden satzungsgemäß für die Seniorenhilfe eingesetzt”. Und eben nicht, um ein Baudenkmal vor dem endgültigen Verfall zu retten. „Das Gebäude darf seit rund zehn Jahren nicht mehr betreten werden. Man muss damit rechnen, dass es einstürzt”, sagt Heiske. „Aber wir könnnen es eben auch nicht einfach abreißen.” Schlechte Perspektiven also für das alte Fabrikationsgebäude, das längst im Inventarband „Denkmäler des Rheinlandes” aufgenommen wurde und auch 1988 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen wurde. Etwas besser stehen die Chancen in der direkten Nachbarschaft. Die Troosts bemühten sich um 1825 nicht nur erfolgreich um die Einfuhr moderner Maschinen aus England, sie brachten auch den neuesten Bautrend von der Insel mit – und errichteten ein Fabrik-Gebäude im Tudor-Stil. „Ich denke, das Haus wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderte errichtet und verband Wohnen und Arbeit”, sagt Bocklenberg. Den Altenheim-Hof begrenzt der Bau mit den markanten Ecktürmen. Auch er steht leer, wurde aber immerhin bis zur Fertigstellung des neuen Franziskushauses – bis November 2006 wurden zwölf Mio € in den Um- und Ausbau des Altenheims mit 93 Einzel- und zwölf Doppelzimmern investiert – als Provisorium genutzt. Hartmann: „Die Wäscherei und die Sozialdienste waren damals noch dort untergebracht.” Das „Webereigebäude” ist aus Sicht der Stiftung „nicht mehr zu erhalten”. Das Tudor-Haus hingegen könnte als Denkmal Teil eines neuen Bauprojekts werden. Heiske: „Unser Ziel ist seniorengerechtes Wohnen. Die Örtlichkeit wäre dafür begnadet. Das sehen die Banken auch so.” Der Idee steht allerdings aus Sicht der Stiftung der massive Ziegelbau auf der Ostseite des Grundstücke im Wege. Mehrere Termine mit der Denkmalpflege hat es bislang vor Ort gegeben. Und Annäherung beim Tudor-Komplex. Wie Senioren-Wohnen am Franziskushaus realisiert werden könnte, soll eine Machbarkeitsstudie prüfen, die vom NRW-Ministerium für Bauen und Verkehr begleitet wird. Mit vorzeigbaren Ergebnissen rechnet Stiftungs-Geschäftsführer Johannes Hartmann noch vor den Sommerferien.