Mülheim. Der Gesundheitsausstatter Roeser Medical verlässt Mülheim. Die Stadt verliert ein expandierendes Unternehmen der Gesundheitsbranche. 260 Arbeitsplätze und Steuereinnahmen gehen verloren, weil Roeser keine geeignete Gewerbeimmobilie finden konnte. Der Gewinner heißt Bochum.
Mülheim verliert ein expandierendes Unternehmen: Roeser Medical, bundesweit größter Klinikausstatter, wird noch in diesem Jahr seinen Standort an der Alexanderstraße in Heißen räumen. 260 Arbeitsplätze und Steuereinnahmen gehen für die Stadt Mülheim verloren. Die Abwanderung kam, obwohl Roeser zunächst am Standort Mülheim wachsen wollte. Doch es fand sich keine geeignete Gewerbeimmobilie.
Wirtschaftsförderung verhielt sich kooperativ, konnte aber nicht helfen
Bereits Anfang des Jahres hatte Roeser Medical Kontakt mit der Wirtschaftsförderung „Mülheim & Business” (M&B) aufgenommen, weil das Unternehmen an der Alexanderstraße (2000 m² Fläche für die Verwaltung, 5000 m² fürs Lager) aus allen Nähten zu platzen drohte und der Mietvertrag dort ohnehin zum Jahresende ausläuft. Die Wirtschaftsförderung sei „außerordentlich kooperativ” gewesen, so Roeser-Sprecher Wolfgang Hasheider gestern zur WAZ. „Doch man hatte einfach keine geeignete Immobilie für uns.” Ein Neubau sei nicht in Frage gekommen, weil das Firmenwachstum nicht die Zeit dafür lasse. Schon jetzt hält Roeser Medical 800.000 medizinische Produkte von 900 Herstellern im Angebot, vom Verbundmaterial bis zur Komplettausstattung für OP-Säle. Man ist Vertragspartner von bundesweit 650 Kliniken.
Auf dem ehemaligen Nokia-Gelände in Bochum habe man nun optimale Bedingungen vorgefunden – 5000 m2 Verwaltungs- und 10 000 m² Lagerfläche. Am 18./19. Dezember will Roeser den Standort Heißen räumen. „Vorerst”, so Hasheider, werde man an den weiteren Logistik-Standorten der Roeser-Gruppe am Hafen und an der Geitlingstraße (Heißen) festhalten. Dort arbeiten 40 Mitarbeiter.
Mangel an Gewerbeflächen
„Wir haben angeboten, was da ist, aber das reichte nicht aus”, bedauert Unternehmensbetreuer Wilfried Verburg von M&B die Abwanderung des Mittelständlers. Weder das leer stehende Medion-Gebäude an der Freiherr-vom-Stein-Straße noch das alte Agiplan-Gebäude an der Zeppelinstraße hätten den Anforderungen genügt. Selbst für einen Neubau im gewünschten Ausmaß habe man nichts im Angebot gehabt.
Verburg nahm die „Standort-Niederlage” zum Anlass, erneut auf den Mangel an verfügbaren Gewerbeflächen hinzuweisen. Das Angebot sei „sehr knapp”, Mülheim sei unter Zeitdruck, neue, geeignete Gewerbeflächen auszuweisen. Auch wenn akut „nicht die Gefahr weiterer Abgänge” bestünde, so Verburg: „Unternehmen expandieren, wenn sie gut geführt werden. Da muss die Stadt in der Lage sein, was anzubieten.”
Wolfgang Michels (CDU): "Abwanderung liegt nicht an der Flächenknappheit."
Unterstützung erhielt er von der SPD. Deren Ratsfraktionschef Dieter Wiechering mahnte: „Man muss immer Flächen als Reserve vorhalten.” Er warf der CDU als altem Bündnispartner vor, Vorhaben auf dem Mannesmann-Gelände und im Süden am Erzweg blockiert zu haben. Wiechering kündigte an, in der neuen Ratsperiode neue Vorstöße unternehmen zu wollen, damit in den Flächennutzungsplänen neue Möglichkeiten für Gewerbe geschaffen werden. „Ich hoffe da auf Einsicht bei den sogenannten Wirtschaftsparteien”, frotzelte er gegen die CDU.
Wolfgang Michels (CDU) hielt dagegen. Die Abwanderung von Roeser Medical habe wohl weniger mit mangelndem Angebot denn mit einem Mietpreisvorteil in Bochum zu tun. „Es liegt nicht an der Flächenknappheit”, so Michels mit Verweis auf den Büro- und Gewerbepark an der Brunshoffstraße und auf das Mannesmann-Gelände. Bedauerlicherweise zeige sich Mannesmann nach dem CDU-Veto gegen eine Baumarkt-Ansiedlung nicht mehr gesprächsbereit in der Frage, wie die Erschließung über die „Styrumer Tangente” schneller möglich werden könnte – etwa durch eine Finanzierungsbeteiligung des Eigentümers. Jedenfalls, so Michels, wolle die CDU eines nicht: dass Gewerbegebiete wie an der Solinger Straße „in die Natur reingebaut werden”.