Mülheim. Eine panische Suche im Keller, eine Schusswaffe und Verfolgungsfahrt, dann doch ein kiloschwerer Fund: Ein irrer Fall am Amtsgericht Mülheim.
Das ganze Schlamassel begann für einen Mülheimer (45) mit dem Rausschmiss aus seiner Messi-Wohnung: Eine irre Geschichte mit einiger krimineller Energie nahm da ihren Lauf.
Der 45-Jährige musste sich für diese Geschichte jetzt vor dem Mülheimer Schöffengericht und gegen die Anklage von Staatsanwalt Carlo Schmidt verantworten. Der Reihe nach: Der Mann, der an der Mellinghofer Straße wohnte, blieb 2023 seinem Vermieter mehrere Monatsmieten schuldig und kassierte dafür die Kündigung. Für Mitte April war ein Räumungstermin vereinbart. Wer am Tage X nicht erschien, war der 45-Jährige. Der Vermieter fackelte daraufhin nicht lange, verständigte seinen Bruder und ein paar Bekannte und ließ die Wohnung – „der hatte eine Messi-Wohnung mit Gestank und Bergen an Müll hinterlassen“ – kurzerhand räumen. Vieles kam dabei in den Müll, eine Wagenladung voll „Wertsachen“ in den Keller eines anderen Hauses an der Mellinghofer Straße.
Mülheimer regelrecht panisch auf der Suche nach Marihuana
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Kurz nach der Räumungsaktion meldete sich plötzlich der Angeklagte doch, wollte unbedingt in den Keller, weil er etwas suchen müsse. Im Keller dann soll er regelrecht panisch in dem Berg von Tüten und Kartons gewühlt haben, aber nicht fündig geworden sein. Auf die Frage, was er denn so aufgeregt suche, hatte er geantwortet, es gehe um „Gras“ (Marihuana), das aber nicht ihm, sondern anderen gehöre.
Kurz nach diesem Auftritt seines Ex-Mieters erhielt der Vermieter einen Anruf von einem unbekannten Mann, der unter Todesdrohungen von ihm verlangte, sofort zu dem Keller zu kommen. Man wolle sofort das „Gras“. Da dem Vermieter die Sache nicht geheuer war, nahm er seinen Bruder mit. Vor Ort trafen sie auf vier unbekannte Männer, von denen sie unter Vorhalt einer Schusswaffe und auch handgreiflich massiv bedroht worden sein sollen. „Ich hatte regelrechte Panikattacken“, so der Bruder des Vermieters.
Männer aus dem Drogen-Milieu verfolgten Mülheimer Vermieter
Zwei der Unbekannten wühlten nun im eingelagerten Hausrat, fanden das ersehnte Marihuana aber auch nicht. Der Vermieter und sein Bruder verließen nun eilig das Haus, doch die Männer folgten ihnen mit einem Auto. Die Milieuleute brachen die Verfolgung erst ab, als der Vermieter vor der Polizeiwache an der Von-Bock-Straße einparkte.
Nachdem die Polizei in den Fall involviert war, wurde der Keller ein drittes Mal durchsucht. Ein Rauschgiftspürhund hatte Erfolg. In einer großen Plastiktüte tauchten drei Pakete mit gut 2,3 Kilo Marihuana auf. Die Polizei stellte nicht nur den Stoff, sondern auch das Handy des zwischenzeitlich festgenommenen Ex-Mieters sicher. Bei der Handyauswertung fand sich auch ein Chatverlauf, in dem es wochenlang zwischen mehreren Teilnehmern zwar scheinbar nur um Nahrungsmittel ging („Bring drei Toast mit!“), der aber eine so merkwürdige, verklausulierte Gesprächsführung und mehrere Fotos mit Rauschgiftpackungen aufwies, dass den Ermittlern klar war, dass es hier nicht wirklich um kulinarische Freuden, sondern um mehr ging.
Wie das Mülheimer Amtsgericht zu einem Strafmaß fand
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Der Krefelder Verteidiger des angeklagten Mülheimers, Leonhard Mühlenfeld, versuchte, den vor Gericht aussagenden Rauschgiftermittler, den Diensthundeführer und weitere Zeugen in Widersprüche zu verwickeln. Auch taktierte er durchaus geschickt. Letztlich verfing seine Argumentation bei Richterin Claudia Lubenau und Staatsanwalt Schmidt aber nicht. Schmidt beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr gegen den Angeklagten, der in der fünfstündigen Verhandlung kaum ein Wort gesprochen hatte.
Das Urteil der Berufsrichterin und der beiden Schöffen gegen den vielfach strafrechtlich in Erscheinung getretenen 45-Jährigen lautete schließlich auf eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel. Als strafverschärfend wurde der Umfang der Vorstrafen angesehen, strafmildernd, dass der Gesetzgeber solche Delikte offenbar nicht mehr mit derselben Schärfe verfolgt sehen wolle wie bisher. Gleichwohl wurde mit Blick darauf, dass der Beschuldigte einer festen Arbeit nachgegangen war, eine günstige Sozialprognose gestellt und die Strafe deshalb auf Bewährung verhängt.
Am Ende der Paukenschlag: Der Mülheimer Angeklagte freute sich zu früh
Nachdem die Verhandlung zu Ende gegangen war, gab es für alle Beteiligten im Saal noch einen überraschenden Paukenschlag. Richterin Lubenau hatte nach der Urteilsverkündung den Untersuchungshaftbefehl außer Kraft gesetzt. Der Angeklagte erfreute sich sichtlich seiner frisch wiedergewonnenen Freiheit. Doch die Freude währte äußerst kurz. Etwa eine Minute später klopfte es an die Saaltür. Herein kamen zwei Streifenpolizisten, die erfahren hatten, dass sich der Angeklagte im Gericht aufhält. Sie hatten in einer anderen Strafsache einen Haftbefehl gegen ihn und nahmen ihn kurzerhand mit.
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