Mülheim/Oberhausen/Osnabrück. Polizei findet bei Razzia 150 Kilogramm Drogen. Ein Kurier des Dealer-Netzwerks ist ein Oberhausener, Co-Chef ein vorbestrafter Mann aus Mülheim.
Der Hochbunker an der Ebertstraße im Oberhausener Theaterviertel ist ein markantes Gebäude. Es bietet Bands Proberäume. Ein Verein unterhält dort ein Karnevalsmuseum. Und ein Dealer-Netzwerk nutzte einen der Räume im Bunker noch in einem ganz anderen Sinne: als eins ihrer Drogen-Verstecke. Als die Polizei mit einer Razzia gegen die Bande vorgeht, gelingt ihr nach eigenen Angaben ein „Stich ins Wespennest“.
Mehr als 150 Kilogramm Betäubungsmittel stellen die Beamten im Dezember 2022 bei Durchsuchungen an 13 Orten unter anderem in Mülheim und Oberhausen sicher. Ein Drogen-Kiosk - einmal gemischte Tüte: 74 Kilogramm Amphetamin, 56 Kilogramm Marihuana, 30 Kilogramm Haschisch, neun Kilogramm Tabletten und drei Kilogramm Kokain - der Straßenverkehrswert liegt laut Behördenangaben bei zwei Millionen Euro. Für drei Mitglieder des Netzwerks gab es jetzt am Osnabrücker Landgericht die Quittung: Nikodem L. (48) aus Mülheim muss für zehneinhalb Jahre ins Gefängnis, ein 38-Jähriger aus Oberhausen fünf Jahre und ein 34-Jähriger aus Lingen an der Ems acht Jahre und zwei Monate.
Drogen wurden im Emsland weiter verkauft
Nach Überzeugung des Gerichts steigt L. Anfang 2021 bei dem Netzwerk ein, zunächst als Kurier und Geldverwalter. Schon im Frühjahr 2021 hat er sich als nahezu gleichberechtigter Partner des eigentlichen Bosses Kevin S. hochgearbeitet. Der Mülheimer ist es auch, der den Oberhausener als Fahrer und „Bunkerhalter“ anwirbt. Von April 2021 bis zu ihrem Auffliegen Ende 2022 soll die Bande neben anderen Betäubungsmitteln allein rund 250 Kilogramm Marihuana vertrieben haben. Die Drogen sollen ins Emsland gegangen und dort weiterverkauft worden sein. So ergibt sich auch die Zuständigkeit der niedersächsischen Behörden. Der 34-Jährige aus Lingen war einer der Abnehmer. Ihn und den Oberhausener stellte die Polizei auf frischer Tat - als gerade fünf Kilogramm Marihuana und 1,5 Kilogramm Haschisch den Besitzer wechseln sollten.
Als die Polizei bei der Razzia bei Nikodem L. aufschlägt, findet sie Luxus-Gegenstände und Bargeld im Wert von rund 500.000 Euro, wohl Erlöse aus den einträglichen Geschäften. Behalten können wird er die nicht. Das Gericht hat die Einziehung der Wertsachen angeordnet. Der Mülheimer hat auch deshalb eine so lange Haftstrafe erhalten, weil er in dem kriminellen Netzwerk eine herausragende Stellung hatte. Zudem kennt er sich im Drogenhandel aus, ist einschlägig vorbestraft.
Boss des Dealer-Netzwerks wird in der Ukraine vermutet
Der Oberhausener kommt vergleichsweise glimpflich davon, weil er in der Verhandlung ausgepackt hat. L. hat dagegen keine Angaben gemacht. Auch der Angeklagte aus Lingen hat gestanden. Der Oberhausener ist nach Ende des Prozesses auf freien Fuß gekommen. Er dürfte zeitnah eine Ladung zum Haftantritt bekommen. Die beiden anderen Angeklagten haben Revision eingelegt. Sie sitzen nun vorerst weiter in Untersuchungshaft, bis ihre Urteile rechtskräftig sind.
15 Verhandlungstage brauchte das Landgericht Osnabrück seit dem Juni des vergangenen Jahres, um ein Urteil zu fällen. Es erging bereits Anfang Dezember, wie erst jetzt bekannt wurde. Kevin S., der mutmaßliche Boss des Netzwerks, ist abgetaucht und weiter flüchtig. Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass er sich in der Ukraine aufhält. Dort soll S. kurzfristig in Auslieferungshaft gesessen, dann aber gegen Meldeauflagen wieder auf freien Fuß gekommen sein. Das Verfahren gegen ihn dauert an. Er soll bundesweit mit Drogen gehandelt haben.
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